TU Berlin räumt Präsidentin 24 Stunden Bedenkzeit ein

Die wegen des Likens antisemitischer Tweets unter Druck geratene Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin, Geraldine Rauch, bleibt vorerst im Amt. Bei einer Sitzung des Akademischen Senats (AS), einem der leitenden Hochschulgremien, wurde am Mittwoch ein Meinungsbild zu der Frage erhoben, ob das Gremium Rauch zum Rücktritt auffordern sollte. Das Ergebnis wurde Rauch mitgeteilt, aber nicht veröffentlicht, sagte eine Sprecherin der TU auf Anfrage. Rauch werde gebeten, innerhalb von 24 Stunden darauf zu reagieren. Der AS setzt sich aus 25 Mitgliedern zusammen, darunter Hochschullehrer, akademische Mitarbeiter, Studierende und Mitarbeiter der Verwaltung.

Der Fall Rauch steht auch am nächsten Montag auf der Tagesordnung einer außerordentlichen Sitzung des Kuratoriums, eines weiteren Aufsichtsgremiums mit elf Mitgliedern. Eine Abwahl der Präsidentin wäre nur möglich, wenn sich beide Gremien, AS und Kuratorium, mit mindestens zwei Drittel der Stimmen dafür aussprechen. Erst dann würde der Erweiterte Akademische Senat mit seinen 61 Mitgliedern über eine Abwahl abstimmen. Auch hierfür wären dann wieder zwei Drittel der Stimmen nötig.

Rauch entschuldigte sich zu Beginn der Sitzung des AS erneut für ihr Verhalten auf der Internetplattform X. Mit ihrem unbedachten und falschen Handeln habe sie die Universität in eine schlimme Situation gebracht. Sie habe deshalb die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst bei der zuständigen Senatswissenschaftsverwaltung beantragt, um ihr Fehlverhalten überprüfen zu lassen und um Klarheit zu schaffen. Zugleich kündigte die 41-jährige Mathematikerin an, als Präsidentin verstärkt gegen Antisemitismus an der Hochschule vorzugehen. Dies sehe sie als ihre persönliche Pflicht an.

Die TU-Präsidentin sagte, sie empfinde tiefe Reue und bitte Betroffene um Verzeihung. Vor Beginn der Sitzung des AS hatten rund 50 Studierende vor dem Gebäude für einen Verbleib von Rauch als Präsidentin demonstriert.

Rauch steht in der Kritik, weil sie antisemitische Posts auf der Plattform X mit einem „Like“ („gefällt mir“) markiert hatte. Dabei ging es unter anderem um einen Beitrag mit Fotos von Demonstranten, die ein Bild des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit aufgemaltem Hakenkreuz hochhalten. Rauch hatte sich bereits am 29. Mai dafür schriftlich entschuldigt und erklärt, sie habe den Beitrag wegen seines Textes mit einem „Like“ markiert und das darunter gepostete Bild nicht genauer betrachtet.

Massive Kritik an Rauch kam unter anderem von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Ein Sprecher des Zentralrats erklärte, sie habe bewiesen, dass sie nicht das nötige Verständnis und das Feingefühl habe, den Ernst der Lage zu erkennen: „Daraus sollte sie die notwendigen Schlüsse ziehen.“ Stattdessen spiele sie auf Zeit. Rauch hatte in ihrer schriftlichen Erklärung betont, sie distanziere sich von den antisemitischen Inhalten oder Autoren der Tweets, die sie „geliked“ hatte. Mittlerweile habe sie alle Aktivitäten auf Social Media eingestellt.