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Trumps Politik schreckt Migranten auf dem Weg in die USA ab

Ihr Ziel ist zum Greifen nah. Trotzdem kehren Migranten kurz vor der Grenze um und versuchen gar nicht erst, weiter in die USA zu reisen. Die Abschreckungstaktik verbucht Donald Trump als seinen Erfolg.

Am silberfarbenen Eingangstor der Casa del Migrante – Haus der Migranten – in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez hängt der Hinweis für den nächsten Spendenmarathon: “Singen für Migration” ist dort zu lesen. Der Erlös des Tages ist für Hilfsorganisationen bestimmt, die sich um Migranten kümmern, die es bis an die US-Grenze geschafft haben. Doch seit einigen Wochen haben sich die Aufgaben dieser Freiwilligen-Organisationen, unter denen auch kirchliche sind, stark verändert.

Während sie bisher oft Hilfe bei Asylgesuchen leisteten, steht nun die Unterstützung bei Rückkehrplänen an, sagt Ivonne Lopez de Lara im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sie ist Koordinatorin der Casa del Migrante, der kirchlich geführte Migrantenherberge, und seit elf Jahren in der Sozialarbeit aktiv. An kaum einem anderen Ort an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze sind Veränderungen in der Migrationsbewegung so schnell zu spüren wie in diesem Haus in Ciudad Juarez.

“Die Menschen fürchten um ihre Zukunft. Die Termine für die Asylgespräche sind von den US-Behörden abgesagt; zudem gibt es die Bilder von den bisweilen brachialen Abschiebungsmethoden. Das hat natürlich Auswirkungen”, erklärt Expertin Lopez de Cara. “Die meisten Migranten, die überhaupt noch hier sind, wollen jetzt erst mal wieder zurück in ihre Heimat oder in andere Regionen Mexikos. Sie haben Angst, sonst alles zu verlieren.”

Die Migrantenherberge in Ciudad Juarez bietet 560 Plätze; die Auslastung beträgt derzeit nicht mal zehn Prozent. Die Migrationsbewegung in den USA scheint wie abgerissen. US-Präsident Donald Trump reklamiert das als Erfolg – und für sich: “Die Invasion ist beendet”, ließ er jüngst wissen. Tatsächlich sind die Zahlen deutlich rückläufig. Das liegt vor allem daran, dass Panama die Route durch den Dschungel Darien praktisch abgeriegelt hat.

Kamen über die unerschlossene Wildnis zwischen Kolumbien in Südamerika und Panama in Mittelamerika im Jahr 2023 noch mehr als 500.000 Menschen überwiegend aus Venezuela, Kuba und Haiti, sind es jetzt nur noch ein paar Dutzend täglich. Aus Kuba haben nach dem Massenexodus, ausgelöst durch die niedergeschmetterten Sozialproteste im Februar, nur noch wenige hundert.

Panamas Präsident Jose Raul Mulino hatte im Wahlkampf im vergangenen Jahr angekündigt, den Darien zu schließen, noch bevor Trump überhaupt die Macht in Washington übernahm. Auch deshalb ist die Casa del Migrante verwaist; eine neue Situation, war sie doch in den vergangenen Jahren eigentlich immer voll belegt.

“Weil sie die Hoffnung verloren haben, kehren viele Migranten um. Und wir versuchen, ihnen bei diesem sehr schwierigen Weg zu helfen”, sagt Lopez de Cara. Viele Menschen sind mit dem Ziel, ihren “amerikanischen Traum” in den USA zu verwirklichen, auf die lebensgefährliche Reise gegangen. Nun entwickelt sich der Versuch immer mehr zum Alptraum.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) helfe, berichtet Lopez de Cara. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Zusammenstellung der nötigen Dokumente. Es geht um Personalausweise, Reisepässe oder Geburtsurkunden. “Und falls die Menschen keine Unterlagen haben, sprechen wir mit den Konsulaten der einzelnen Botschaften, um sie anzufordern, damit die IOM uns bei der Rückkehr an den Herkunftsort unterstützen kann.”

Ähnliche Erfahrungen macht auch Alejandra Corona vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Ciudad Juarez. Sie berichtet im KNA-Gespräch, dass das Phänomen der Selbstabschiebungen zugenommen habe: “Viele Migranten wissen nicht mal, was ihr rechtlicher Aufenthaltsstatus ist. Aber sie geben ihre Zustimmung zu einer freiwilligen Rückführung.”

Hintergrund ist, dass wohl mit dieser Einwilligung eine Wiedereinreise zu einem späteren Zeitpunkt nicht gänzlich untersagt sein soll. Und womöglich auch, dass sich die Betroffenen ohne gültige Aufenthaltspapiere ein Stück ihrer Selbstbestimmung erhalten – wo derzeit Trumps Abschreckungspolitik regiert.