Regierungskritische Venezolaner sind in großer Sorge: Sie befürchten eine Abschiebewelle aus den USA. Dorthin waren sie vor Langzeit-Präsident Maduro geflohen.
Eigentlich war Miami-Dade County im US-Bundesstaat Florida stets eine Hochburg der Demokraten. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 gewann Hillary Clinton mit 65 Prozent der Stimmen gegen Donald Trump. Vier Jahre später holte Joe Biden die Region mit knapp 54 Prozent; abermals hatte Trump das Nachsehen.
Doch im November 2024 war alles anders: Trump gewann Miami-Dade County mit 55 Prozent gegen Kamala Harris (knapp 44 Prozent); eine tektonische Verschiebung der Machtverhältnisse in dem Ballungsraum von 2,7 Millionen Einwohnern.
Großen Rückhalt genoss Trump vor allem bei den Latino-Wählern. Exil-Venezolaner, Exil-Kubaner und Exil-Nicaraguaner vermuteten in einem Präsidenten Trump den richtigen Kämpfer für ihr Anliegen: mehr Demokratie und eine harte Hand gegen die Linksdiktaturen in ihren Heimatländern, die zu einem der größten Hotspots der Migrationsbewegung in Richtung USA geworden sind.
Gut zwei Wochen nach Trumps Amtsantritt herrscht Katerstimmung im Miami-Dade County. Denn der neue Präsident schockte erst die Exil-Venezolaner und dann auch noch die venezolanische Opposition in- und außerhalb des Landes. Entgegen der ausdrücklichen Bitte des mutmaßlich gewählten Präsidenten Edmundo Gonzalez schickte Trump seinen Sondergesandten Richard Grenell nach Caracas.
Venezuelas Machthaber Nicolas Maduro, der sich im Januar trotz massiver Zweifel an seinem neuerlichen Wahlsieg und internationalen Protesten vereidigen ließ, witterte seine Chance – und nutzte sie. Bilder vom Gespräch zwischen dem früheren US-Botschafter in Deutschland und Maduro gingen durch die Medien. De facto fühlte sich Maduro damit als rechtmäßiger Präsident anerkannt.
Der zweite Tiefschlag folgte wenig später: Neue Vorschriften der US-Regierung würden Anfang April den vorübergehenden Schutzstatus für mehr als 300.000 Venezolaner beenden. Der Schutz für eine zweite Gruppe von etwa 250.000 Venezolanern, der bis September verlängert wurde, droht nun wohl ebenfalls aufgehoben zu werden.
Die Reaktionen fallen emotional aus: “Venezolanische Migranten in Südflorida fühlen sich durch die Entscheidung der Trump-Regierung verraten, den Rechtsschutz für Hunderttausende Menschen zu beenden, die vor Diktaturen geflohen sind”, heißt es auf dem Portal NPR.ORG; und der prominente Kolumnist Andres Oppenheimer kommentiert im “Miami Herald”: “Hat Trump Venezuelas Opposition verraten?”
Inzwischen versuchen sich sowohl demokratische als auch republikanische Politiker in Florida zusammenzutun. Der republikanische Kongress-Abgeordnete Mario Diaz-Balart forderte in einem Brief die zuständige Ministerin Kristi Noem auf, Personen ohne Vorstrafen nicht abzuschieben. “Ich bitte Sie respektvoll, im Rahmen aller geltenden Regeln und Vorschriften alle verfügbaren Optionen zu prüfen, um sicherzustellen, dass venezolanische Staatsbürger ohne kriminelle Vergangenheit nicht gewaltsam in eine der repressivsten Diktaturen der Welt zurückgeschickt werden.”
Venezuelas Oppositionsführerin Maria Corina Machado blieb in Caracas nichts anders übrig, als zu betonen, auch sie habe sich mit dem Sondergesandten Grenell getroffen. Zudem seien sie und Gonzalez in engem Kontakt mit Außenminister Marco Rubio. Dessen Strategie im Umgang mit Maduro ist noch nicht bekannt. Trump wiederum scheint eine eindeutige Priorität zu haben: Abschiebung von Venezolanern in deren Heimat – egal zu welchem politischen Preis.
Auch anderenorts sind die Auswirkungen der Trump-Außenpolitik zu spüren. Im kolumbianischen Bucaramanga musste eine humanitäre Anlaufstelle für venezolanische Migranten die Armenspeisungen einstellen. Der Stopp der Mittel für die US-Entwicklungshilfeorganisation USAID ließ offenbar keine Wahl.
“Der Speisesaal, in dem wir mittags 650 Menschen versorgten, wird geschlossen, die Betreuung eingestellt”, sagte die Direktorin der Stiftung, Alba Pereira, lokalen Medien. “Diese Ressourcen wurden immer für die eintreffenden und zurückkehrenden Migranten genutzt. Jetzt sind sie ohne Unterstützung.”