Transparency warnt vor strategischer Korruption von Autokratien

Korruptionsskandale haben zuletzt die Glaubwürdigkeit europäischer Institutionen erschüttert. Auch Deutschland erhält im jüngsten Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency kein gutes Zeugnis.

Korruptionsvorwürfe gegen die griechische Ex-Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili lösten den Katargate-Skandal aus
Korruptionsvorwürfe gegen die griechische Ex-Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili lösten den Katargate-Skandal ausImago / ANE Edition

Die Organisation Transparency International hat die Bundesregierung zu einer entschiedeneren Bekämpfung von Korruption aufgefordert. Die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog, warnte vor autokratischen Staaten, die Bestechung weltweit als Waffe nutzten, um ihre Interessen durchzusetzen. Ziel seien insbesondere Europa und Deutschland, wie zuletzt die sogenannte Katargate-Affäre gezeigt habe, sagte sie anlässlich der Veröffentlichung des Korruptionswahrnehmungsindexes 2022. Die bisherigen Informationen seien nur die „Spitze des Eisbergs“.

Deutschland verlor nach Angaben der Anti-Korruptionsorganisation im Vergleich zum Vorjahr einen Punkt und belegt mit 79 von 100 Punkten auf dem Index den neunten Platz. Herzog monierte, der Korruptionswahrnehmungsindex zeige, dass Deutschland seit zehn Jahren bei der Korruptionsbekämpfung nicht entscheidend vorankomme.

Die Tatsache, dass in der jüngeren Vergangenheit in der Ukraine Fälle von Korruption bekannt wurden, wertete Herzog als Zeichen für eine schrittweise Verbesserung der Lage in dem Land. Dort seien „Korruptionsreformen in die Wege geleitet worden“, sagte sie bei der Vorstellung des Index. Die Ukraine liegt mit 33 Punkten im unteren Drittel der Rangliste.

Als Lehre aus dem Maskenskandal und der Aserbaidschan-Affäre ist aus Sicht der stellvertretenden Transparency-Vorsitzenden, Margarete Bause, in Deutschland eine Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung überfällig. Außerdem gebe es hierzulande noch keine unabhängige Lobbykontrolle. „Zur Prävention und Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität müssen die Behörden deutlich schlagkräftiger werden“, mahnte Bause.

Maskenaffäre schwächt Vertrauen

Zwar stehe Deutschland im internationalen Vergleich relativ gut da, weil etwa Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung kaum eine Rolle spielten, sagte Bause. Doch Skandale wie die Maskenaffäre hätten zuletzt das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt.

An der Spitze des Rankings finden sich insbesondere Staaten mit starken rechtsstaatlichen und demokratischen Institutionen wie Finnland, Norwegen und die Schweiz. Spitzenreiter auf dem Index ist Dänemark mit 90 Punkten. Am Ende des Rankings stehen vorwiegend Staaten, in denen staatliche Institutionen zerfallen und die von gewaltsamen Konflikten geprägt sind, wie Syrien, Südsudan, Jemen und Libyen. Den letzten Platz belegt Somalia mit zwölf Punkten.

Türkei und Ungarn fallen

Zu den Ländern, die im internationalen Vergleich in den vergangenen zehn Jahren am meisten Punkte eingebüßt haben, zählen den Angaben zufolge die Türkei und Ungarn. Beide Länder erhalten 13 Punkte weniger als im Index von 2012. Transparency begründete den Abstieg dieser Länder im Korruptionswahrnehmungsindex 2022 mit einer eingeschränkten Unabhängigkeit von Justiz, Medien und Zivilgesellschaft. Diese seien für die Korruptionsbekämpfung und Eindämmung von Machtmissbrauch entscheidend, hieß es.

Der jährlich erscheinende Index umfasst 180 Staaten und Gebiete und bewertet den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Bestechung und Bestechlichkeit. Er beruht den Angaben zufolge auf Einschätzungen von Expertinnen und Experten sowie von Führungskräften.