Toxische Männlichkeit, Mondlandung und ein Familienleben

Mit mehreren Veranstaltungen zeigt sich die Zirkuscompagnie „Cirquons Flex“ von der Insel La Réunion bei der diesjährigen Ausgabe des deutsch-französischen Festivals Perspectives. Sie eröffnen die 46. Ausgabe am 16. Mai mit ihrem Stück „Radio Maniok“, wie Projektkoordinatorin Célia Galiny am Donnerstag in Saarbrücken erklärte. Darin setzten sich die Künstlerinnen und Künstler mithilfe von Akrobatik, Musik, Gesang und Theater mit einer Blockade der Insel La Réunion während des Zweiten Weltkriegs auseinander. Auch die Lockdowns der Corona-Pandemie und die Folgen des Klimawandels würden thematisiert. Zudem gebe es eine Fotoausstellung zum Thema und eine dokumentarische Kurzfilmreihe über die Gruppe und ihre Arbeit.

Bis zum 25. Mai sind den Angaben zufolge 35 Veranstaltungen an 15 Orten in Deutschland und Frankreich zu erleben – darunter zwölf Gastspiele, fünf Konzerte, drei Kinoabende, ein Improvisationstheater-Workshop und die Ausstellung. Viele Produktionen könnten dieses Jahr nicht nur einem Genre zugeordnet werden, erläuterte Galiny. Vielmehr überschnitten sich die Formen wie bei „Radio Maniok“. Zu den weiteren Werken zählt etwa das Akrobatikstück „Armour“ von Arno Ferrera und Gilles Polet in der katholischen Sankt-Jakob-Kirche in Saarbrücken. Drei Männer setzten sich mit toxischer Männlichkeit auseinander und stellten ihr Sanftheit und Nähe untereinander entgegen, sagte die Projektkoordinatorin.

Um ein Objekttheater mit Alltagsgegenständen geht es wiederum in „Star Show“ der Compagnie Bakélite. Mithilfe von simpelsten Gegenständen inszeniere die Gruppe eine Reise zum Mond, erklärte Pressereferentin Frieda Maas. So werde aus einer Konservendose das Basislager der Astronauten und aus einem Megafon eine Rakete. Um das Leben einer Familie im Zeitraffer gehe es wiederum in dem Stück „Hokuspokus“ der Familie Flöz, die schon mehrmals bei Perspectives zu Gast war. Das Theater ohne Worte starte mit dem Einzug eines jungen Paares in die erste eigene Wohnung und das Publikum bekomme Trauer, Freuden, Feste, Liebe und Streit mit, sagte Maas.

Die 46. Festivalausgabe ist auch die erste ohne Sylvie Hamard. Die frühere künstlerische Leiterin hatte Perspectives 17 Jahre lang geleitet und nach der 45. Ausgabe verlassen. Einige Monate nach ihr gingen auch ihre Stellvertreterin Martha Kaiser und die Pressereferentin Marion Touze. Die diesjährige Ausgabe basiert noch auf Sichtungen des früheren Teams, zu dem unter anderem auch Galiny gehört. Gemeinsam mit einem künstlerischen Beirat wurde die 46. Ausgabe auf die Beine gestellt.

Die Nachfolge von Hamard tritt die Theaterwissenschaftlerin Kira Kirsch an, die die 47. Festivalausgabe verantworten wird. Die saarländische Kulturministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) bezeichnete Kirsch als „leidenschaftliche Kulturmanagerin“, die neue Impulse und Akzente setzen werde. Kirsch ist den Angaben zufolge seit 2015 künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin des Theater brut in Wien, welches eine Produktions- und Spielstätte für die freie österreichische und internationale Theater-, Performance- und Tanzszene ist. Die gebürtige Saarbrückerin erklärte, dass sie ein „großes Erbe“ antrete. Sie komme nun zurück zu ihren Wurzeln und einer Gegend, die sie in der Vergangenheit gut gekannt habe.

Das deutsch-französische Festival wurde 1978 als „Woche des jungen französischen Theaters“ gegründet. Es ist das einzige Kulturfestival, das sich gleichermaßen deutsch- wie auch französischsprachiger Bühnenkunst widmet. Fremdsprachenkenntnisse sind weder für die französische noch für die deutsche Seite eine Voraussetzung. Mehr als 15.000 Menschen hatten die vergangene Ausgabe besucht.