Todesstrafe in den USA: Experten fordern Begnadigungen

In den USA sind 40 Menschen nach Bundesrecht zum Tode verurteilt. Menschenrechtler fordern von US-Präsident Biden, zum Ende seiner Amtszeit Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umzuwandeln.

Die Todesstrafe sorgt für Debatten in den USA
Die Todesstrafe sorgt für Debatten in den USAImago / Metodi Popow

Menschenrechtler in den USA appellieren an Präsident Joe Biden, die Todesstrafen der 40 nach amerikanischem Bundesrecht verurteilten Straftäter in lebenslange Haft umzuwandeln. Die Begnadigungen seien dringend. Biden verlässt das Weiße Haus am 20. Januar. Ihm folgt der gewählte Präsident Donald Trump. Der sei ein „enthusiastischer Befürworter der Todesstrafe“, sagte die Direktorin des Todesstrafeninformationszentrums, Robin Maher.

Trump hat als Präsident 2020 und 2021 zwölf Männer und eine Frau hinrichten lassen. Die letzte Exekution wurde vier Tage vor Ende seiner ersten Amtszeit im Januar 2021 vollstreckt. Die meisten Todesurteile werden in den USA von den einzelnen Bundesstaaten ausgesprochen. Vor Trump hatte es siebzehn Jahre lang keine nationalstaatlichen Hinrichtungen gegeben.

Trump gilt als Fan der Todesstrafe

Der von der Trump-nahen Stiftung „Heritage Foundation“ ausgearbeitete Fahrplan für dessen zweite Amtszeit, das „Projekt 2025“, betont die Bedeutung der Todesstrafe im Justizwesen. Im Wahlkampf hat der frühere und gewählte Präsident die Todesstrafe auch für Drogendealer gefordert und für Migranten ohne Papiere, die einen US-Bürger töten.

US-Präsident Joe Biden
US-Präsident Joe BidenImago / The News2

Der scheidende Amtsinhaber Biden hat eine komplexe Haltung zur Todesstrafe. Im Einklang mit der römisch-katholischen Kirche hat sich der katholische Präsident dagegen ausgesprochen. Als Präsidentschaftskandidat versprach Biden, er werde sich für die Abschaffung der Todesstrafe auf nationaler Ebene einsetzen. Sein Justizminister Merrick Garland hat 2021 ein nationalstaatliches Hinrichtungsmoratorium ausgesprochen. Ein Gesetzesentwurf zum Abschaffen der Todesstrafe ist jedoch nicht vorangekommen.

Es gebe guten Grund zur Annahme, dass Biden Strafumwandlung „für einige der Männer im nationalstaatlichen Todestrakt ernsthaft in Erwägung ziehen wird“, sagte Todesstrafenexpertin Maher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Anti-Todesstrafenverband „Death Penalty Action“ hat Biden aufgefordert, die Hinrichtungskammer für nationalstaatliche Exekutionen im Gefängnis von Terre Haute (US-Staat Indiana) einzureißen. Unter den 40 Männern im Todestrakt von Terre Haute befinden sich Robert Bowers, der 2018 in einer Synagoge in Pittsburgh (Pennsylvania) elf Menschen erschossen hat, sowie Dylann Roof, der 2015 in South Carolina neun schwarze Gottesdienstteilnehmer ermordet hat.

Biden hat Veteranen pauschal begnadigt

Es geht bei Gnadengesuchen nicht nur um die Todesstrafe. Präsidenten sind ermächtigt, Häftlinge im nationalstaatlichen Justizsystem umfassend zu begnadigen, oder, wie es viel häufiger geschieht, Strafen zu reduzieren. Joe Biden hat von diesem Gnadenrecht nur selten Gebrauch gemacht. Nach Regierungsangaben sind in den vier Jahren seiner Amtszeit mehr als 10.000 Anträge beim „Büro des Gnadenanwalts“ eingegangen, das im Justizministerium für die Auswertung der Petitionen zuständig ist. Biden habe nur 157 Mal Gnade walten lassen.

Allerdings hat Biden Tausende Menschen pauschal begnadigt, die wegen Drogenbesitzes auf nationalstaatlichem Land schuldig gesprochen wurden. Pauschal begnadigt hat Biden außerdem Veteranen, die wegen gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen bestraft wurden.

Begnadigt Trump seine eigenen Anhänger?

Auch mehr als 60 Kongressabgeordnete haben diese Woche an Biden appelliert, in seinen letzten Amtswochen vermehrt von seinem Gnadenrecht für Inhaftierte Gebrauch zu machen. Die USA hätten eine der höchsten Inhaftierungsraten der Welt. Betroffen seien überwiegend schwarze und hispanische Menschen sowie einkommensarme Menschen.

Amnesty International in den USA hat Biden aufgefordert, den seit beinahe fünf Jahrzehnten inhaftierten indigenen Aktivisten Leonard Peltier zu begnadigen. Die Justiz macht Peltier für den Tod von zwei FBI-Beamten bei einer Schießerei im Pine-Ridge-Reservat im Juni 1975 verantwortlich. Peltier beteuert seine Unschuld. Über die Jahre haben sich zahlreiche Politiker und Künstler weltweit für den inzwischen 80-jährigen Peltier ausgesprochen.

Das Thema Begnadigung wird in den USA gegenwärtig auch im Zusammenhang mit den mehr als 900 Trump-Anhängern diskutiert, die wegen ihrer Teilnahme am gewaltsamen Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verurteilt wurden. Viele bekamen zumeist kurze Haftstrafen. Trump hat versprochen, er werde diese „Geiseln“ nach seinem Amtsantritt „befreien“. Hoffnung auf Begnadigung durch Trump machen sich zudem elf Abtreibungsgegner, die wegen Blockaden von Abtreibungsklinken Haftstrafen verbüßen.