Thierse: Kirchen sollten “Angstüberwindungsräume” sein

Bei der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sagte Wolfgang Thierse, die Kirche müsse gegen die aktuelle „apokalyptische Verfinsterungsstimmung“ angehen.

Der SPD-Politiker Wolfgang Thierse
Der SPD-Politiker Wolfgang Thierseepd-bild / Hans Scherhaufer

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sieht in erbitterten politischen Debatten eine Aufgabe der Kirchen darin, Ängsten entgegenzutreten. Er wünsche sich, dass Kirchen „so etwas wie Angstüberwindungsräume“ sind, sagte Thierse bei der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken in Berlin. Sie müssten gegen die aktuelle „apokalyptische Verfinsterungsstimmung“ angehen.

Thierse sagte, er beobachte eine „eigentümliche Überzeichnung all der Probleme ins Apokalyptische hinein“. Es gebe große Herausforderungen wie Migration, Pluralisierung der Gesellschaft, Künstliche Intelligenz und Klimawandel. Das müsse man auch ernst nehmen. Frage man aber die Menschen, wie es ihnen persönlich gehe, laute die Antwort meist: „Gut.“

Thierse: Kirche muss Ängste ernst nehmen

Die persönliche Lage sei also deutlich besser als das Bild, das auch medial von der Wirklichkeit gezeigt werde, kritisierte Thierse. Eine Aufgabe für die Kirchen sieht er deswegen darin, Ängste ernst zu nehmen, „aber nicht ins Apokalyptische steigen zu lassen“.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) entgegnete, Angst sei nicht immer ein schlechter Ratgeber, man dürfe aber bei der Angst nicht stehen bleiben. Er forderte, politische Debatten stärker auf Sachfragen zu konzentrieren und eine demokratische Diskussionskultur beizubehalten. „Zivilisierter Streit hält eine Demokratie zusammen, es ist sogar ihr Kern“, sagte Kretschmann. Unzivilisierter Streit treibe die Demokratie auseinander.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist die größte deutsche katholische Laienorganisation. Ihr gehören neben Vertreterinnen und Vertretern der Diözesanräte sowie katholischen Verbänden und Organisationen auch bekannte Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft an.