Das Christentum ist nach Aussage der Dresdner Theologin Julia Enxing Teil des Klimaproblems – und kann dennoch Teil einer Lösung sein. „In der Forschung wird das Christentum als ein Hauptfaktor für unser ausbeuterisches Verhalten dargestellt“, sagte die katholische Theologin dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wir sind falsch abgebogen. Aber wir haben auch die Kraft und die Macht, das Ruder umzudrehen, uns zu verändern.“
Es sei „Tenor des Christentums“ gewesen, dass die Menschen der Höhepunkt der Schöpfung seien und sich an der Mitwelt bedienen könnten, erklärte Enxing, die Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie der TU Dresden lehrt. Doch jetzt sei der Planet, auch wegen der Klimakatastrophe, zu einem Konfliktherd geworden. Enxing forderte von den Christinnen und Christen eine „demütigere Haltung“: „Den Lebensraum so zu nutzen, dass andere darin leben können, ist ein zutiefst christlicher Auftrag.“ Das Christentum besitze ein „unglaubliches Potenzial“, den Menschen als Mitgeschöpf zu sehen und ihn in einem „Lebensnetz“ zu deuten.
Die Theologin forderte eine Umkehr des Lebensstils, und das „Kehrt um!“ sei Teil der christlichen Botschaft. Diese Kehrtwende müsse von den Christinnen und Christen der westlichen Welt ausgehen. In Ozeanien zum Beispiel würden den Bewohnerinnen und Bewohnern die Felder und die Friedhöfe wegschwimmen; sie hätten oft nicht die Kraft und den politischen Einfluss für den notwendigen Umbruch: „Wir hier müssen uns einsetzen. Und wir können nicht mehr warten. Unser ökologischer Fußabdruck ist gigantisch – noch sind wir es, die sehr wenig davon spüren. Die Folgen unseres Handelns tragen andere.“
Julia Enxing, die auch Sprecherin der ARD-Sendung „Wort zum Sonntag“ ist, hält zum 20-jährigen Bestehen des Hans-von-Soden-Instituts in Marburg an diesem Mittwoch einen Vortrag zum Thema „Klimakrise und Theologie – Kann das Problem Teil der Lösung sein?“ Im vergangenen Jahr erschien ihr Buch „Und Gott sah, dass es schlecht war. Warum uns der christliche Glaube verpflichtet, die Schöpfung zu bewahren“.