Theologe Hahn: Kirchen sollten sich in Debatte um ARD und ZDF äußern

Die Kirche sei in medienpolitischen Debatten kaum noch zu vernehmen, klagt der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing. Er erinnert an Zeiten, als Medienpolitik „eine Domäne der Kirche“ war.

Für mehr Kirchenmeinung zu ARD und ZDF spricht sich Theologe Udo Hahn aus
Für mehr Kirchenmeinung zu ARD und ZDF spricht sich Theologe Udo Hahn ausImago / Schöning

Frankfurt a.M. Der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, Udo Hahn, fordert die Kirchen auf, sich wirkungsvoll in die Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzubringen. Es sei „höchste Zeit, dass sie im Diskurs um den Auftrag und die künftige Ausgestaltung des Modells Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk sichtbar werden“, schreibt Hahn in einem Beitrag für das Fachmagazin epd medien. Die Kirchen dürften „die Weichenstellungen nicht allein der Politik überlassen“.

Der Theologe, der von 2005 bis 2011 das Referat Medien und Publizistik der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) leitete, kritisiert: „Wenn nicht alles täuscht, sind die Kirchen in den medienpolitischen Debatten – von Einzelstimmen abgesehen – kaum mehr vertreten. Dabei war Medienpolitik einst eine Domäne der Kirchen. Die EKD hat 1996 ihr letztes publizistisches Gesamtkonzept vorgelegt.“

Debatte nimmt Fahrt auf

Hahn verweist auf die Medienaktivitäten der evangelischen Kirche, die unter anderem die Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd), das Magazin „chrismon“ und die Filmgesellschaft Eikon betreibt. Dennoch sähen sich viele Vertreterinnen und Vertreter der Kirche in den Aufsichtsgremien von ARD und ZDF offenbar nicht als Experten. Hahn warnt: „Dieser Befund – so steht zu befürchten – wird für die Kirchen nicht ohne Folgen bleiben.“

So habe die Debatte an Fahrt aufgenommen, ob die Kirchen, die in den Rundfunkräten drittstärkste Kraft sind, dauerhaft diese Position behalten können. Argumentiert werde unter anderem mit der größer gewordenen religiösen Vielfalt. Gegen den Einfluss der Kirchen werde auch ins Feld geführt, dass die Zahl ihrer Mitglieder nur noch knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung ausmache, schreibt Hahn. Er gibt zu bedenken: „Welche andere zivilgesellschaftliche Kraft kann für sich in Anspruch nehmen, dass die Hälfte der Bevölkerung bei ihr Mitglied ist?“

Angesichts des Vorwurfs der Vetternwirtschaft und der mangelnden Kontrolle beim RBB hat die Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Systems zuletzt an Fahrt aufgenommen. Zahlreiche Politiker haben sich mit Reformvorschlägen zu Wort gemeldet, verschiedene Neuregelungen im Medienstaatsvertrag sind in der Planung. In dieser Debatte wäre es wichtig, dass die zivilgesellschaftlichen Kräfte ihre Stimme im medienpolitischen Diskurs erheben, schreibt Hahn.