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Teppich von Bayeux

Er zählt zu den bedeutendsten Bilddarstellungen des Hochmittelalters. Auf 68 Meter Länge stellt der Teppich von Bayeux die Schlacht von Hastings 1066 dar, mit der England das einzige Mal in der Geschichte eingenommen wurde.

Wegen seiner Detailfülle und des durchdachten Storyboards zählt der Teppich von Bayeux zu den bedeutendsten Bilddarstellungen des hohen Mittelalters. Auf 68 Meter Länge stellt die Stickerei in 58 Einzelszenen Vorgeschichte und Verlauf der Schlacht von Hastings im Oktober 1066 dar, mithin den Auftakt der Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm den Eroberer.

Seit 2007 gehört der Teppich zum Weltdokumentenerbe der Unesco. Inhaltlich stellt er eine politische Behauptung des normannischen Thronanspruchs und Feldzugs gegen England dar – der jedoch durch unvoreingenommene Quellen nicht belegt ist. Das kunstvoll bestickte Textil entstand wohl vor 1082 in Südengland. Abgebildet sind mehr als 600 Menschen, 200 Pferde, rund 550 andere Tiere sowie 40 Schiffe.

Als möglicher Auftraggeber kommen drei Personen in Betracht: Bischof Odo von Bayeux, Halbbruder Wilhelms des Eroberers und Teilnehmer des Feldzugs – ebenso wie zweitens der französische Graf Eustachius von Boulogne. Dieser legte sich später militärisch erfolglos mit Odo an und beauftragte den Teppich womöglich als Versöhnungsgeschenk.

Drittens die Schwester des besiegten Königs Harald II. und Witwe König Edwards des Bekenners, Edith von Wessex. Der normannische Sieger Wilhelm enteignete zwar den Großteil des angelsächsischen Adels, verschonte jedoch ausgerechnet Edith. Möglich, dass die Hochgebildete im Gegenzug durch die gestickte Geschichtsinterpretation propagandawirksam Wilhelms Herrschaftsanspruch anerkannte.

Im Spätmittelalter wurde der Teppich alljährlich in der Kathedrale von Bayeux zur Schau gestellt. In der Französischen Revolution verhinderte nur das Eingreifen eines kundigen Bürgers, dass das unersetzliche Kunstwerk 1792 als gewöhnliche Wagenplane für einen Militärtransport endete. Auch 1794 kamen Kunstverständige einem Kleinschneiden für Deko-Zwecke zuvor.

1803 ließ ihn Napoleon als Propagandamaterial für seinen geplanten England-Feldzug nach Paris bringen. Zwar kehrte er kurz darauf nach Bayeux zurück, nahm jedoch in der Folge durch unsachgemäße Behandlungen Schaden. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Teppich von den NS-Besatzern ideologisch missbraucht, um eine angebliche kämpferische und rassische Überlegenheit nordisch-arischer Völker zu belegen. Auf SS-Irrwegen gelangte er erneut in den Pariser Louvre und 1945 wieder zurück nach Bayeux.

Seit 1982 wird das Textil im dortigen Centre Guillaume le Conquérant ausgestellt und wurde seitdem von rund 14 Millionen Besuchern betrachtet. Demnächst soll es erstmals verliehen werden: bis 2026 ins British Museum in London.