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Tauziehen um irakisches Geschwisterpaar dauert an

Unmittelbar nach dem Stopp einer geplanten Abschiebung zweier Geschwister in den Irak durch das Mainzer Integrationsministerium hat die Kreisverwaltung in Bad Kreuznach einen neuen Haftbefehl gegen die beiden Flüchtlinge beantragt. Wie das Amtsgericht in Bingen am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte, wurde dem Antrag jedoch nicht stattgegeben. Nach dem Einschreiten des Landes hätten Bedenken bestanden, dass eine zeitnahe Abschiebung möglich sei. Damit sei die Grundlage für eine weitere Inhaftierung im Abschiebegefängnis in Ingelheim entfallen. Die beiden Flüchtlinge waren am Donnerstag freigelassen worden.

Die Gerichtsentscheidung rügt zugleich das Vorgehen des Landes. Die E-Mail des ärztlichen Dienstes des Gefängnisses, der Zweifel an der Reisefähigkeit der beiden geäußert hatte, rechtfertige keine Weisung, sagte der zuständige Richter. Die Kontroverse zwischen den beteiligten Behörden könne aber nicht den Betroffenen angelastet werden, daher habe er den Antrag der Kreisverwaltung abgelehnt.

Für ein humanitäres Bleiberecht der 30-jährigen Irakerin und ihres 34 Jahre alten Bruders hatte sich unter anderem der Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz starkgemacht. Die beiden Angehörigen der verfolgten jesidischen Minderheit hatten nach Angaben ihrer Unterstützer den Überfall der Terrororganisation „Islamischer Staat“ auf die irakische Region Sindschar und den darauf folgenden Völkermord überlebt. Ihren Appell an die Kreuznacher Landrätin Bettina Dickes (CDU), auf die Abschiebung zu verzichten, hatte der Flüchtlingsrat insbesondere mit einer schweren psychischen Erkrankung der Frau begründet. Erst Anfang August habe der Hausarzt der Irakerin eine Überweisung zur stationären Aufnahme in der Psychiatrie ausgestellt, zu der es wegen Platzmangel nicht gekommen sei.

Die Kreuznacher Kreisverwaltung hatte dem Land nach der geplatzten Abschiebung Willkür vorgeworfen. Für Frauen und Minderjährige aus der jesidischen Minderheiten galt bis August 2024 ein befristeter Abschiebestopp. Dieser sei nicht verlängert worden. Vielmehr habe das Mainzer Ministerium in einem internen Rundschreiben sogar ausdrücklich dazu aufgefordert, bei irakischen Staatsbürgern die „bestehenden Rückführungsmöglichkeiten“ umfassend zu nutzen, erklärte der Kreis. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte auf Nachfrage dem epd die Existenz des Schreibens.

Die Weisung an das Abschiebegefängnis, die Rückführung abzubrechen, erfolgte nach Darstellung des Ministeriums aufgrund von Hinweisen auf eine drastisch verschlechterten Gesundheitszustand der beiden Flüchtlinge. Deren Zustand müsse von einem Arzt mit psychiatrischen Fachkenntnissen geprüft werden. Die Ausreisepflicht des Geschwisterpaares bestehe grundsätzlich fort.