Suspendierter Pastor soll Kirche um 50.000 Euro betrogen haben

Als Gemeindepastor soll der Theologe in Niedersachsen jahrelang fingierte Rechnungen ans Kirchenamt geschickt haben – für Bücher, Spielzeug und Gartengeräte. Die Hannoversche Landeskirche hat den 61-Jährigen suspendiert, jetzt steht er vor Gericht.

Der Pastor hat Geld in die eigenen Tasche gewirtschaftet
Der Pastor hat Geld in die eigenen Tasche gewirtschaftetPixabay

Hildesheim. Auftakt im Prozess gegen einen suspendierten Pastor vor dem Hildesheimer Landgericht: Der 61-jährige Theologe muss sich in 163 Fällen wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung verantworten. Ihm wird zur Last gelegt, er habe sich fingierte Quittungen und Rechnungen vom Kirchenamt Hildesheim erstatten lassen. Zu Beginn der Hauptverhandlung verlas die Staatsanwältin über zwei Stunden die Anklageschrift. Danach beläuft sich der Schaden auf 52.327,05 Euro. Einen Teil dieser Summe in Höhe von rund 10.000 Euro soll der evangelische Pastor bereits zurückgezahlt haben. Der Prozess wird am Freitag, 22. Januar, fortgesetzt. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Hans Holtermann, kündigte an, dass sich sein Mandant dann ausführlich zu den Vorwürfen äußern werde.

Die Fälle sollen sich laut Staatsanwältin zwischen September 2012 und Dezember 2016 ereignet haben. Der Mann war während dieser Zeit Pastor der Kirchengemeinde Eime bei Hildesheim. Ihm wird vorgeworfen, er habe sich eine dauerhafte zusätzliche Einnahmequelle verschaffen wollen. Für den Vorwurf des gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Urkundenfälschung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.

Rechnungen am Computer selbst produziert

Die Anschaffung der in den Rechnungen aufgeführten Gegenstände und Leistungen sollen weder durch einen Beschluss des Kirchenvorstands gedeckt noch für den Kirchenkreisverband bestellt worden sein, hieß es. Die Liste reicht von Essenslieferungen über Bücher, Kleidung, Spielzeug, Möbel, Gartengeräte und Geschirr bis zu Musikinstrumenten sowie Heimwerker- und Bastelbedarf. Der Angeklagte habe die entsprechenden Belege in zumeist dreistelliger Höhe unter anderem am Computer selbst hergestellt und die Unterschriften von nicht existenten Verkäufern gefälscht.

Elf Zuschauer waren beim Prozessauftakt dabei, etwa ebenso viele mussten aufgrund der vorgeschriebenen Corona-Abstandregeln draußen bleiben. Unter den Zuschauern waren unter anderem Oberkirchenrat Frank Brosch, Leiter des Referats Dienstrecht, sowie Pastor Marvin Döbler, Vorsitzender des Gemeindeverbandes Elze-Eime. Döbler verwies auf die Einzigartigkeit der Vorwürfe. „Hier hat offenbar jemand tatsächlich eine Schwachstelle des Systems in für uns noch nie dagewesener Weise ausgenutzt“, sagte er: „Dasselbe System hat aber am Ende auch dazu geführt, dass nun die Hauptverhandlung eröffnet werden kann.“

Aufwendige Recherche

Die Vorsitzende Richterin Karin Kuhlmann kündigte an, dass in dem Verfahren noch zahlreiche Zeugen gehört werden müssten. Die entsprechende Recherche und die Korrespondenz dazu ist Kuhlmann zufolge umfangreich, weil viele verschiedene Unternehmen betroffen seien und die Firmen zum Teil nicht mehr existierten oder die Mitarbeiter dort inzwischen nicht mehr arbeiteten.

Nach Kirchen-Angaben fielen die fingierten Rechnungen und Quittungen erstmals auf, nachdem der Pastor nach mehr als 20 Jahren von seiner Stelle im Landkreis Hildesheim in die Region Hannover gewechselt war. Die Kirche stellte Strafanzeige gegen den Pastor und suspendierte ihn vom Dienst, nachdem die Unregelmäßigkeiten ans Licht gekommen waren. Der Beschuldigte hatte der Staatsanwaltschaft zufolge in einer ersten Stellungnahme im Jahr 2018 rund 20 Taten eingeräumt mit der Begründung, die Gelder für ärztliche Behandlungskosten benötigt zu haben. Bis zum Mai hat das Gericht 17 Verhandlungstage angesetzt. (epd)