Das Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen hat zwei Gemälde des Kölner Malers Barthel Gilles (1891-1971) angekauft. Die Werke „Mutter mit Kind“ aus dem Jahr 1930 und „Mädchen mit Schleier“ von 1937 seien mithilfe einer Förderung durch das NRW-Kulturministerium erworben worden, teilte das Museum am Dienstag mit. Die aus Privatbesitz stammenden Bilder seien nun erstmals öffentlich zugänglich.
Die Gemälde stellten eine bedeutende Erweiterung der Sammlung des Museums im Bereich der Neuen Sachlichkeit dar, erläuterte das Museum. Sie zeigten auf exemplarische Weise Gilles’ technische Virtuosität in Eitempera- und Lasurtechnik und ermöglichten einen vielschichtigen Einblick in sein künstlerisches Schaffen sowie seine Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und politischen Strömungen der 1930er Jahre.
Unter dem Titel „Mutter mit Kind“ porträtierte Gilles in an mittelalterlicher Malerei orientierter Weise seine Ehefrau Louise Drath mit der neugeborenen Tochter Sibylle, wie das Museum erläuterte. Die Darstellung überführe ein traditionelles Madonnenmotiv in eine moderne, intime Mutter-Kind-Szene.
Das Werk erlangte 1931 den Angaben nach größere Bekanntheit, als Gilles für dieses Gemälde gemeinsam mit seinem „Selbstbildnis mit Gasmaske“ mit dem Dürer-Preis ausgezeichnet wurde. Zwei Jahre später wurde es im Rahmen der nationalsozialistischen Propaganda in der Ausstellung „Gesunde Frau – Gesundes Volk“ in Köln 1933 gezeigt. „Damit wurde das ursprünglich private Motiv politisch vereinnahmt und in den Dienst ideologischer Zielsetzungen gestellt“, erklärte das Suermondt-Ludwig-Museum.
Im Kontrast dazu stehe das Mädchen mit Schleier von 1937. Mit Eitempera auf Hartfaser zeige Gilles eine moderne, selbstbewusste junge Frau und offenbare Brüche zur NS-Ideologie. Formal an Marienbildnisse angelehnt, zeigt Gilles eine junge Frau mit roten Haaren, geschminkten Lippen und einem expressiven Farbdreiklang aus Gelb, Grünblau und Orange. Diese Elemente stünden im Widerspruch zum nationalsozialistischen Frauenideal.
Barthel Gilles pflegte den Angaben nach seit den 1920er Jahren enge Verbindungen zur Stadt Aachen und stellte mehrfach im Suermondt-Museum aus. Die beiden neuen Erwerbungen würdigten somit nicht nur die kunsthistorische Bedeutung des Künstlers, sondern auch seine regionale Verwurzelung, hieß es. Gilles, dessen Werk durch die Forschungen des Museums maßgeblich rehabilitiert wurde, stehe exemplarisch für eine differenzierte Betrachtung dieser Epoche.