Studie zur Arbeitszeit: Kammer fordert mehr Flexibilität

Die in Politik und Wirtschaft oftmals formulierten Forderungen nach mehr Überstunden, einem späteren Renteneintritt und längeren Arbeitszeiten gehen nach Auffassung der Bremer Arbeitnehmerkammer an der Realität vieler Beschäftigter vorbei. „Die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten im Land Bremen möchte gern ihre Arbeitszeit reduzieren – oft aus gesundheitlichen Gründen oder weil die Arbeitsbelastung zu hoch ist“, erklärte Kammer-Hauptgeschäftsführer Peer Rosenthal am Dienstag und forderte mehr Flexibilität von Unternehmen.

Das geht den Angaben zufolge aus einer repräsentativen Studie unter dem Titel „Koordinaten der Arbeit“ hervor, für die das Bonner Sozialforschungsinstitut Infas im Auftrag der Arbeitnehmerkammer im Frühjahr 2023 rund 3.000 Menschen telefonisch befragt hat. Das Ergebnis: Die Beschäftigten im Land Bremen arbeiten – inklusive Überstunden – im Schnitt knapp 36 Stunden pro Woche – Männer 39, Frauen 32 Stunden. Fast alle Männer, aber nur etwa die Hälfte der Frauen haben einen Vollzeitjob. Sie wenden dafür mehr Zeit für Sorgearbeit auf.

Die Erhebung zeigt aber auch: Männer möchten im Schnitt vier Stunden weniger pro Woche arbeiten. 40 Prozent der Befragten, die gern reduzieren würden, wollen der Studie zufolge mehr Zeit mit der Familie verbringen. Insbesondere Männer scheiterten mit diesem Wunsch aber oft beim Arbeitgeber, hieß es. Das sei gerade im Baugewerbe, in der Lagerei und in der Industrie so, also in Branchen, in denen noch immer besonders viele Männer arbeiteten.

Die Kammer fordert deshalb mehr Flexibilität von den Arbeitgebern. Die Unternehmen müssten Arbeitszeitmodelle entwickeln, die sich stärker an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientierten und sich ihren jeweiligen Lebensphasen und Möglichkeiten anpassten. So sei ein besserer Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben möglich. „Wir müssen die Arbeit besser verteilen – sowohl zwischen Männern und Frauen als auch in den Betrieben“, mahnte Rosenthal. Die Betriebe müssten auch angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftebedarfs umdenken.