Artikel teilen:

Studie: Vertrauen in Demokratie schwindet drastisch

Die Menschen in Deutschland stehen überwiegend zur Demokratie, so die aktuelle “Mitte-Studie” der Friedrich-Ebert-Stiftung. Doch das heißt nicht, dass sie mit ihrem aktuellen Funktionieren zufrieden sind.

Das Misstrauen der Menschen in Deutschland gegenüber der Demokratie wächst einer Studie zufolge – obwohl die Mehrheit weiter demokratisch eingestellt ist. Das zeigt die am Donnerstag veröffentlichte aktuelle Studie “Die angespannte Mitte” der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Demnach lässt sich in der Mitte der Gesellschaft eine Normalisierung von antidemokratischen und menschenfeindlichen Aussagen beobachten. Zugleich sorgen sich viele vor einem zunehmenden Rechtsextremismus.

“Das Vertrauen in Institutionen und die Umsetzung demokratischer Prinzipien schwindet drastisch”, bilanzierte der Bielefelder Sozialpsychologe und Studienautor Andreas Zick. Ein Grund dafür sei, dass mehr Menschen die Funktionsweise der Demokratie in Deutschland schlecht bewerteten.

Laut der Studie bezeichnen sich 79 Prozent der Menschen in Deutschland grundsätzlich als überzeugte Demokraten. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als vier Jahre zuvor. Nur noch 52 Prozent sind jedoch der Meinung, dass die deutsche Demokratie im Großen und Ganzen ganz gut funktioniert. Sechs Jahre zuvor waren es noch 65 Prozent. Zugleich wächst der Anteil der Befragten, die staatlichen Institutionen und Wahlen misstrauen, von rund 6 Prozent im Jahr 2021 auf 18 Prozent in diesem Jahr.

88 Prozent der Befragten meinen, dass in einer Demokratie die Würde und die Gleichheit aller an erster Stelle stehen sollten. Gleichwohl sind 34 Prozent der Ansicht, dass im nationalen Interesse nicht allen die gleichen Rechte gewährt werden könnten. Knapp 11 Prozent lehnen es sogar ab, die Grundrechte von Minderheiten zu schützen.

Rund 30 Prozent teilen abwertende Einstellungen gegenüber Asylsuchenden und 36 Prozent gegenüber Langzeitarbeitslosen. Auch antisemitische Einstellungen seien in der Gesellschaft weit verbreitet, so die Friedrich-Ebert-Stiftung: Demnach stimmen zum Beispiel 17 Prozent der Befragten israelbezogenem Antisemitismus eher oder ganz zu und weitere 22 Prozent teils/teils.

Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, warnte davor, dass diskriminierende Einstellungen erneut zugenommen hätten. “Deutschlands Mitte droht ihr Maß zu verlieren”, sagte sie. Daher sei es besonders wichtig, Betroffene besser zu schützen.

Einen positiven Befund liefert die Studie mit Blick auf die Verbreitung eines geschlossenen rechtsextremen Weltbildes. Der Anteil derjenigen, die aktuell alle 18 Fragen aus diesem Bereich zustimmend beantworteten, sank im Vergleich zur Vorgängerbefragung aus dem Jahr 2023 von 8,3 auf 3,3 Prozent. Ein Viertel stimmte aber zum Beispiel der Aussage “Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert” zu. In der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen war das rechtsextreme Weltbild mit 6,8 Prozent im Vergleich zudem deutlich verbreiteter.

70 Prozent der Bevölkerung empfinden laut der Studie einen zunehmenden Rechtsextremismus als Bedrohung für Deutschland. Umgekehrt verharmlosen aber auch 22 Prozent den Rechtsextremismus. Diese Menschen finden zum Beispiel, das Problem werde “in den Medien hochgekocht” oder dass es am besten sei, es “gar nicht zu beachten”.

Für die aktuelle Ausgabe der seit 2006 erscheinenden “Mitte-Studie” wurden rund 2.000 Menschen ab 18 Jahren im Zeitraum Mai bis Juli befragt. Die Umfrage ist den Angaben zufolge repräsentativ für die Wohnbevölkerung in Deutschland.