Studie: Mehr als jedes fünfte Kind von Armut betroffen
Die Armutquote wuchs seit Jahren fast kontinuierlich. Nun stagniert sie auf hohem Niveau. Allerdings gibt es regional deutliche Unterschiede, und sie werden größer.
Die Kinderarmut hat in Deutschland 2022 einen Rekordwert erreicht. Das geht aus dem Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Mit 21,8 Prozent ist demnach mehr als jedes fünfte Kind betroffen. Laut Bericht waren im Berechnungsjahr in Deutschland insgesamt 14,2 Millionen Menschen von Armut betroffen, bei deutlichen regionalen Unterschieden. Das ist eine Armutsquote von 16,8 Prozent.
Der Bericht bezieht sich auf Einkommensarme, die mit unter 60 Prozent des mittleren Einkommens weniger als 1.186 Euro im Monat zu Verfügung haben. Er fußt auf den statistischen Erhebungen des Mikrozensus von 2022. Nach Jahren steigender Werte stagniert die Entwicklung der Armut insgesamt gegenüber dem Vorjahr. „Die Befunde sind durchwachsen, aber einen Grund zur Entwarnung gibt es nicht“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider. Der Trend sei gestoppt, aber noch nicht umgekehrt.
Laut Bericht gehen fast zwei Drittel der erwachsenen Armen entweder einer Arbeit nach oder sind in Rente oder Pension. Ein Fünftel der Armen sind Kinder. Besonders betroffen sind Alleinerziehende mit einer Armutsquote von über 43 Prozent und kinderreiche Familien sowie Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Im Vergleich der Bundesländer verzeichnet die Studie deutliche Unterschiede: Während in Bayern jede achte Person von Armut betroffen ist, ist es in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg jede fünfte Person, in Bremen sogar fast jede dritte. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Armut in Berlin besonders stark gesunken, von rund 20 auf 17,4 Prozent, während sie in Hamburg, in Schleswig-Holstein und im Saarland besonders stark anstieg.
Schneider verlangte eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro, den Ausbau der Kinderbetreuung und eine Kindergrundsicherung. Zudem sprach er sich für eine Rentenversicherung aus, die alle Bürger und Einkommensarten umfasst und eine Mindestrente garantieren. Außerdem seien zum Ausgleich der Energiekosten ein Klimageld sowie eine Vollversicherung für die Pflege nötig. Zur Finanzierung plädierte Schneider für Steuererhöhungen bei Erbschaften und für eine Vermögenssteuer.