Streit um Neuausrichtung der Rabbinerausbildung verschärft sich

Mittlerweile geht es nicht nur um Strukturen der liberalen und konservativen Rabbinerausbildung in Deutschland – sondern auch um Fragen des Ordinationsrechts. Der Ton ist scharf. Und 13 Rabbiner fordern einen Rücktritt.

Der Streit um die Neuausrichtung der Rabbinerausbildung in Potsdam hat sich verschärft. Während es in der Öffentlichkeit längere Zeit ruhig war, flammt die Kontroverse jetzt mit Macht wieder auf. Es geht um neue Strukturen, aber auch das Ordinationsrecht. Mit einer Ordination (Smicha) werden Rabbiner und Rabbinerinnen nach einer wissenschaftlichen Ausbildung in ihr Amt berufen.

Hintergrund ist die jüngste Ankündigung des Zentralrats der Juden in Deutschland, eine neue Stiftung auf den Weg gebracht zu haben, um die Ausbildung zu sichern. In Potsdam werden am Abraham-Geiger-Kolleg (AGK) liberale und am Zacharias-Frankel-College konservative Rabbinerinnen und Rabbiner ausgebildet. Daneben gibt es noch das Rabbinerseminar zu Berlin, das Vertreter der orthodoxen Strömung ausbildet – und nicht Teil der Kontroverse ist.

Der Zentralrat hatte solch ein Modell einer von ihm getragenen religionsgemeinschaftlichen Stiftung vor etwa einem Jahr ins Gespräch gebracht. Mit im Boot sind die staatlichen Zuwendungsgeber: Bundesinnenministerium, Brandenburger Wissenschaftsministerium und Kultusministerkonferenz. Die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK), die nicht-orthodoxe Rabbinerinnen und Rabbiner vertritt, und das Frankel-College begrüßten die Pläne.

Dagegen sprach die Union progressiver Juden von einem „aggressiven Vorgehen“ des Zentralrats bei dem Wunsch, „unser Rabbinerseminar zu übernehmen“. Die Absicht der staatlichen Geber, die institutionelle Förderung des Geiger-Kollegs an den Zentralrat weiterzuleiten, „halten wir für einen Bruch des Religionsverfassungsrechts“.

Hintergrund der Reform der Rabbinerausbildung am Standort Potsdam waren Anschuldigungen gegen Rabbiner Walter Homolka. Der damalige Rektor des Geiger-Kollegs hatte sich im Dezember 2022 von der Spitze der Einrichtung zurückgezogen. Er weist jedoch alle Vorwürfe zurück und ging gerichtlich dagegen vor.

Gemeinsam mit den staatlichen Geldgebern hatte der Zentralrat als Dachorganisation der jüdischen Gemeinden in Deutschland mit nach offiziellen Angaben etwa 95.000 Mitgliedern am Montag eine Erklärung zu den Stiftungsplänen herausgegeben.

Darin teilen die Geldgeber mit, dass sie die Gründung einer Stiftung begrüßen, „da diese aus ihrer Sicht die erforderliche breite Akzeptanz der Absolventinnen und Absolventen einer liberalen und konservativen Rabbinatsausbildung innerhalb der jüdischen Gemeinden in Deutschland für die Zukunft sichert“.

Dies gelte umso mehr, „als vonseiten der Allgemeinen Rabbinerkonferenz bestätigt wird, dass die Jüdische Gemeinde zu Berlin nur die wirtschaftliche Trägerin des Abraham Geiger Kollegs ist und als solche einer Rabbinatsausbildungsstätte kein Ordinationsrecht verleihen kann, das Anerkennung und Akzeptanz innerhalb der organisierten jüdischen Religionsgemeinschaft in Deutschland findet“.

Und: „Damit verfügt das Abraham Geiger Kolleg in seiner jetzigen Struktur mit der Jüdischen Gemeinde zu Berlin – im Gegensatz zur neuen Stiftung – über kein tragbares Ordinationsrecht.“

In diese Richtung regt sich heftiger Widerspruch, der im Kern darauf abzielt, dass weder der Zentralrat noch die ARK dazu berechtigt seien, dem Geiger-Kolleg das Ordinationsrecht zu verleihen oder zu versagen. Autoritäten seien hier einzig und allein die Central Conference of American Rabbis (CCAR) beziehungsweise die World Union for Progressive Judaism (WUPJ).

Auch die WUPJ schaltete sich ein: „Die Ordinationen des AGK unter der Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde zu Berlin werden weiterhin in allen Regionen der WUPJ anerkannt.“ Einer neuen, von einer Stiftung des Zentralrats getragenen Ausbildungseinrichtung würde eine solche internationale Anerkennung fehlen.

Bemerkenswert sind Einlassungen seitens der ARK selbst. Zum Beispiel von Andreas Nachama, rabbinischer Leiter des Geiger-Kollegs und erster Stellvertreter der ARK-Vorsitzenden Elisa Klapheck. Diese habe „in erster Linie nur für sich und nicht für die gesamte ARK“ mit ihren Einlassungen zum Ordinationsrecht gesprochen, teilte er mit zwei weiteren Rabbinerkollegen mit.

Zudem sei es unter „der Obhut der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und dank der unermüdlichen Arbeit vieler“ gelungen, an den beiden Ausbildungsstätten „wieder ein Klima zu schaffen, das es ermöglicht, positiv in die Zukunft zu blicken“.

Die jüngste Eskalation in dem Streit kam dann am Freitag: In einer Erklärung, die von 13 ARK-Mitgliedern unterstützt wird, wird der Rücktritt von Rabbinerin Klapheck wegen eines „Alleingangs“ gefordert. Und: „Wir wehren uns entschieden gegen die unzulässige Einmischung des Zentralrats in die Frage der Gültigkeit der Rabbinerordination.“

Klaphecks Stellvertreter Nachama gehört nicht zu den Unterzeichnenden. Er dringt stattdessen auf Gespräche und einen Runden Tisch mit allen Beteiligten, der zeitnah einberufen werden muss, wie er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte.