Strampeln für ein gutes Klima

Beim Greifswalder Fischerfest­ gab es viele Attraktionen der besonderen Art: Kirche und Stadt veranstalteten gemeinsame Aktionen für eine klimafreundlichere Stadt – und zwar auf unterhaltsame Art.

Ein frisch gestrampelter Orangen-Shake gefällig? Der kleine Birk zeigt, wie es ohne Strom funktioniert.
Ein frisch gestrampelter Orangen-Shake gefällig? Der kleine Birk zeigt, wie es ohne Strom funktioniert.Christine Senkbeil

Von Christine Senkbeil

Greifswald/Wieck. "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad", sang ein Passant amüsiert, als er den kleinen Birk auf einer Art Hometrainer ganz hingebungsvoll um seinen Orangenshake kämpfen sieht. Der Fünfjährige strampelt auf einem Fahrradgestell, das statt einer Lampe ein Mixgerät betreibt: Je schneller er tritt, umso lustiger der Strudel vorn im Glas. Das Diakonische Werk Mecklenburg-Vorpommern zeigt mit diesem Muskelkraft-Mixer, wie peruanische Bauern in einem Dorf ohne Stromanschluss Kaffeebohnen schälen, mahlen oder mit entsprechend variierenden Aufsätzen auch rösten. "Echt praktisch!", wie viele Betrachter meinen.

Klimarettung mit Unterhaltungswert

An der Südmole vor dem Jugendhotel Majuwi, dort, wo der Großsegler Amazone festgemacht hat, stehen mitten im Festgetümmel des Greifswalder Fischerfestes so einige Stände mit Weltrette-Auftrag. Es geht um Naturschutz, fairen Handel, kluge Energiegewinnung – diesmal jedoch ohne den Drohfinger, um den Gäste gern mal einen Bogen machen, sondern quasi mit Unterhaltungswert. Plätzchen aus dem selbstgebauten Alu-Folie-Backofen. Kochen mit Sonne. Ideen, die schon im Vorübergehen überzeugen und Interesse wecken.

An Bord der Amazone läuft unterdessen eine Talk-Runde der "Klimasail", einem Bildungsprojekt der Nordkirche für segelbegeisterte Jugendliche, diesmal in Kooperation mit der Stadt Greifswald. Jugendliche aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein segelten dabei entlang der Ostseeküste von Hafen zu Hafen. Sie setzten sich auf jeweils einwöchigen Törns mit Umwelt-, Meeres-, und Klimaschutz auseinander, mit nachhaltiger Lebensweise, gesunder Ernährung und zukunftsfähigen Ökonomien. Wie vorher in Flensburg, Kiel und Rostock, sprachen die Teilnehmer anschließend mit Vertretern aus der Politik.

Der Masterplan muss bekannter werden

In Greifswald arbeiteten Kirche und Stadt bei der Vorbereitung dieses Events eng zusammen. "Greifswald gehört ja zusammen mit Flensburg, Kiel und Rostock zu den Masterplan-Städten", erläutert Michael Haufe, Beauftragter für Umweltvorsorge und Klimaschutz der Stadt. Die anderen drei Städte also, in denen die Amazone seit ihrer Abfahrt am 23. Juni festgemacht hatte. "Dieser Masterplan besagt, dass die Stadt bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen um 95 Prozent gegenüber 1990 senken will". Und genau diesem Masterplan fühlten die Jugendlichen nun auf den Zahn. "Er ist ja nicht schlecht", befanden sie. "Aber er muss bekannter werden. Den Menschen fehlt es dazu an Informationen", mahnt die 14-jährige Joline. Vor dem Talk hatten die Jugendlichen Passanten im Hafen Greifswald-Wiek befragt. "Die meisten hatten vom Masterplan noch nichts gehört", sagt der 13-jährige Luca, "aber alle waren interessiert und haben mit uns diskutiert. Meistens ging es dabei um Mobilität".

Zahlreiche klimafreundliche Mitmachaktionen

Während an Bord also debattiert wird, geht es draußen ganz praktisch zu. Zahlreiche lokale Aktivisten bieten auf einem Markt der (klimafreundlichen) Möglichkeiten zahlreiche Mitmachaktionen an, vom T-Shirt-Gestalten übers "Upcycling" und Taschen nähen bis zu Informationen darüber, wie eigentlich ein ökologischer Fußabdruck berechnet wird.
"Das ist doch hier mal eine Alternative zu dem ganzen Kommerz da drüben", sagt der Passant am Rad-Mixer, der nun auch von Birks Shake probieren darf. Gut gestrampelt eben – für ein gutes Klima.