Straffreiheit oder Sanktionen – wie geht es in Venezuela weiter?

Auch einen Tag vor Ende der Einschreibefrist für die Präsidentenwahlen ist die Lage in Venezuela unklar. Die Hoffnung auf freie Wahlen schwindet.

Der Tag, der Klarheit über die personelle Aufstellung der Opposition in Venezuela bringt, steht bevor. Der oder die Kandidatin, die sich Machthaber Nicolas Maduro (61) bei den Präsidentenwahlen entgegenstellt, muss bis zu diesem Samstag (20. April) benannt werden. Und das große Rätselraten geht weiter.

Der aussichtsreichsten Kandidatin, Maria Corina Machado (56), die die parteiinternen Vorwahlen klar gewonnen hatte und laut Umfragen auch den Urnengang für sich entscheiden würde, darf wegen einer Entscheidung der regierungsnahen Justiz nicht antreten. Auch der von ihr benannten Ersatzkandidatin Corina Yoris (80) wurde die Einschreibung verweigert.

Das hat bereits vor dem 20. April Konsequenzen – denn die USA nehmen einen Teil ihrer Sanktionen gegen die Ölindustrie in Venezuela wieder auf. Die hatten sich nach einem Abkommen zwischen Regierung und Opposition gelockert, das freie Wahlen garantieren sollte. Doch die Vereinbarung wurde nie umgesetzt; das Maduro-Lager ist offenbar gewillt, sich den Gegenkandidaten selbst auszusuchen. Und der könnte nun Manuel Rosales heißen.

Gegen den 71-Jährigen rechnet sich Maduro offenbar Siegchancen aus. Oppositionspolitikerin Delsa Solorzano (52) erklärte in dieser Woche, das Regierungslager versuche, der Opposition einen inakzeptablen Kandidaten aufzudrücken. Rosales ist weit weniger charismatisch, gilt als opportunistisch und verlor bereits 2006 als Kandidat der Opposition gegen die damals noch sehr populären Sozialisten um den 2013 gestorbenen Hugo Chavez.

Unter dessen deutlich weniger beliebtem Nachfolger Maduro begann dann eine Phase kontinuierlichen Ausschlusses von populären und aussichtsreichen Oppositionskandidaten. Die letzte wirklich freie Parlamentswahl 2015 verlor das sozialistische Lager krachend. Doch nach dem Sieg der Opposition ignorierte Maduro das Wahlergebnis und ersetzte das Parlament durch eine verfassunggebende Versammlung.

Danach begann ein Massenexodus. Bis heute haben rund acht Millionen Venezolaner ihre Heimat verlassen – etwa ein Viertel der Bevölkerung. Sie suchten seitdem in den USA, anderen Staaten in Lateinamerika, aber auch in Europa eine neue Heimat.

Kolumbiens linksgerichteter Präsident Gustavo Petro brachte nun am Rande eines Treffens mit Brasiliens Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva eine weitere Perspektive ins Spiel. Sie kann als Versuch interpretiert werden, den regierenden Sozialisten eine Art Straffreiheit nach den Wahlen zu garantieren, sollte diese verloren gehen. Beide Seiten müssten die Unversehrtheit der anderen Seite garantieren, hieß es aus Bogota.

In der verzwickten Lage meldet sich auch die katholische Kirche zu Wort. Der Vorsitzende der Venezolanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Jesus Gonzalez de Zarate, rief die Regierung auf, den Dialog zu suchen. Sie trage eine große Verantwortung für die Geschehnisse im Land – und dafür, Kanäle zu öffnen, um Lösungswege zu finden, sagte der Erzbischof von Cumana laut der Zeitung “El Impulso” in dieser Woche. Es brauche Pluralität.

“Wir können nicht mit dieser politischen Hetzjagd weitermachen, die nur zu Diskreditierung und Polarisierung führt”, so Gonzalez de Zarate. Wie die Opposition daran gehindert werde, sich zu beteiligen und ihren politischen Willen einzubringen, sei besorgniserregend. Dazu dürften auch Berichte zählen, dass den vielen Exil-Venezolanern im Ausland offenbar das Recht verwehrt wird, sich ins Wahlregister einzuschreiben. Unter ihnen sind Maduros Beliebtheitswerte natürlich besonders katastrophal.