Eine bewegte Reise durch Zeit und Besitz: Nach NS-Enteignung und Restitution gelangte die Reliquienbüste zurück ins Museum. Warum das Werk ein spätgotisches Highlight ist.
Die Reliquienbüste einer stillenden Gottesmutter aus dem Spätmittelalter ist nach einer Restitutions-Odyssee zurück im Berliner Bode-Museum. Die sogenannte “Maria lactans” steht im Zentrum der Ausstellung “Zurück in Berlin. Eine Marienbüste und die Sammlung Benoit Oppenheim”, die das Museum ab Freitag zeigt. Das Werk gehörte einst zur bedeutenden Sammlung des jüdischen Berliner Bankiers Benoit Oppenheim (1842-1931), deren Meisterwerke heute größtenteils im Bode-Museum bewahrt werden.
Den Angaben zufolge wechselte die Büste 1928 in den Besitz des jüdischen Bankiers Jakob Goldschmidt. Er wurde im Nationalsozialismus verfolgt und konnte 1936 in die Schweiz emigrieren. Seine umfangreiche Kunstsammlung wurde von den Behörden beschlagnahmt und zwangsveräußert. Noch im selben Jahr erwarben die Berliner Museen die “Maria lactans”. Nach der Restitution an die Erben Goldschmidts im Jahr 2022 gelangte das Werk in den Handel und konnte 2025 vom Bode Museum wiedererworben werden.
Bei der um 1510/20 geschnitzten Skulptur der stillenden Jungfrau Maria mit dem Jesuskind handelt es sich um ein Büstenreliquiar. Dieses diente der Aufbewahrung und Verehrung von Reliquien in der privaten Andacht. Stilistisch lässt sich die Entstehung der Büste in Ulm verorten, einem der führenden Zentren spätgotischer Bildschnitzerkunst. Charakteristisch sind die lebendige Ausgestaltung der Haare und das idealisierte, fein gestaltete Gesicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit war die Büste ursprünglich vergoldet.