Sterbehilfe-Gesetz: Ex-Ethikrat-Chef befürchtet „Verschlimmbesserung“

Der frühere Ethikratchef, Peter Dabrock, appelliert an die Bundestagsabgeordneten, auf die geplante Gesetzesregelung zur Suizidassistenz zu verzichten. Er favorisiert eine andere Lösung.

Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock
Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter DabrockImago / Jürgen Heinrich

Der frühere Ethikratsvorsitzende Peter Dabrock hält Suizidprävention für das oberste Ziel in der Debatte um Sterbehilfe. Im Deutschlandfunk unterstrich der evangelische Theologe seine Position, dazu auf das geplante Gesetz zur Regelung der Suizidassistenz zu verzichten. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil von 2020 habe es „keinen Dammbruch gegeben“. Alle drei im Bundestag diskutierten Entwürfe ließen eine „Verschlimmbesserung“ befürchten.

Auf das Urteil hätten sowohl die Wohlfahrtsverbände wie auch die Ärzte in ihren Standesregelungen reagiert. Insbesondere die Situation der Mediziner habe sich signifikant verbessert, Beihilfe zum Suizid sei nicht mehr berufsrechtlich verboten, die Ärztinnen und Ärzte seien in ihrer Beratungsrolle gestärkt worden. Alle drei Gesetzesvorschläge würden hingegen zu einer Bürokratisierung führen. Dass dann die Sterbehilfevereine als professionelle Helfer profitieren, „das kann man ja auch nicht wollen“, sagte Dabrock, der bis 2020 Vorsitzender des Deutschen Ethikrates war.

Dabrock: Thema Suizid enttabuisieren

Dabrock hatte zusammen mit dem Theologen Reiner Anselm, der Palliativmedizinerin und Klinikdirektorin Claudia Bausewein und dem Staatsrechtler Wolfram Höfling einen Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht. Darin forderten sie, das Geld, das in der Folge eines Gesetzes für Begutachtungsverfahren und Beratung aufgewendet werden müsste, in Suizidprävention sowie die Palliativ- und Hospizversorgung zu stecken.

Im Deutschlandfunk sprach sich Dabrock dafür aus, das Thema Suizid in der Gesellschaft zu enttabuisieren, um jenen Menschen zu helfen, die daran dächten, sich das Leben zu nehmen. So werde es möglich, offene Gespräche zu führen, vor allem mit Ärztinnen und Ärzten, die die Menschen teils langjährig begleiten.

Bundestag diskutiert über Neuregelung zur Sterbehilfe

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 geurteilt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, hierbei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Eine bis dahin geltende Regelung, die organisierte Suizidassistenz von Sterbehilfeorganisationen verboten hatte, erklärte das Gericht für nicht zulässig. Seitdem wird im Bundestag über eine mögliche Folgeregelung diskutiert. Die drei Entwürfe wurden im Bundestag bereits in erster Lesung und in einer Expertenanhörung beraten. Wann die Abstimmung folgt, ist noch offen.