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Steinmeier: “SZ” aus demokratischer Öffentlichkeit nicht wegzudenken

Die “Süddeutsche Zeitung” feiert in diesem Jahr ihren 80. Geburtstag. Bei der Feierstunde lobte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Redaktion für ihre Arbeit und warnte vor den Verlockungen der Technik.

Die “Süddeutsche Zeitung” ist für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach eigenen Worten “aus der demokratischen Öffentlichkeit nicht mehr wegzudenken”. Bei der Feier zum Jubiläum “80 Jahre Süddeutsche Zeitung” am Donnerstag bezeichnete Steinmeier das Blatt laut dem vorab versendeten Redemanuskripts als “eine Kosmopolitin aus München – elegant gekleidet, aber mit einer gewissen intellektuellen Lässigkeit ausgestattet; klug und kritisch, offen und neugierig, ironisch und schlagfertig, aber immer mit Respekt vor dem einzelnen Menschen”.

Der Journalismus der “Süddeutschen” zeige zum Beispiel mit der täglichen Kolumne “Streiflicht”, dass sich demokratische Debatten “bei allem gebotenen Ernst auch humorvoll, charmant, geistreich und in einer schönen Sprache” führen ließen. Es könne, so der Bundespräsident, “sogar ganz heilsam sein, ab und an die Luft aus den Dingen zu lassen und sich selbst nicht für den Mittelpunkt der Welt zu halten”.

Diesen Journalismus brauche es gerade jetzt, da “viele Menschen angesichts von Krisen, Veränderungen, Kriegen und Desinformation ein besonders großes Bedürfnis nach Orientierung haben”, so Steinmeier: “Und wir erleben zugleich, dass die ökonomische Logik der sozialen Medien (…), dass dieser rücksichtslose Kampf um Klicks gerade nicht geeignet ist, das Bedürfnis nach Orientierung zu erfüllen.” Diese “mediale Dauerapokalypse” raube vielmehr Kraft, Mut und Zuversicht und sei “Gift für unser Miteinander und unsere Demokratie”.

Steinmeier forderte einen “demokratiefreundlichen Journalismus” und sagte, dieser lasse sich nicht von Künstlicher Intelligenz betreiben, auch wenn die Technik im Arbeitsalltag nützliche Dienste leisten könne. Ein solcher Journalismus werde sich auch “von den sozialen Medien niemals gleichwertig ersetzen lassen”, so Steinmeier weiter.

Der Bundespräsident erinnerte in seiner Rede auch an die Gründung der Zeitung und den Druck der ersten Ausgabe am 6. Oktober 1945. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom Nationalsozialismus sei das damalige Verlagshaus in der Sendlinger Straße zum Schauplatz einer Szene geworden, “die man sich in Hollywood nicht besser hätte ausdenken können”, so Steinmeier. Im Keller des Gebäudes, das die Bombenangriffe überstanden hatte, hatten Offiziere der amerikanischen Militärregierung, der damalige bayerische Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD), die drei Herausgeber der künftigen “Süddeutschen” und andere die Druckplatten von Hitlers “Mein Kampf” in den Ofen des Gießwerks gesteckt. Aus dem geschmolzenen Blei entstand die Druckplatte für die erste Ausgabe der “SZ”.

Kritisch merkte Steinmeier an, die deutsche Gesellschaft habe sich “nicht einfach umschmelzen” lassen wie eine Druckplatte, “und auch der Süddeutschen Zeitung wurde ihr liberaler Charakter nicht in die Wiege gelegt”. Steinmeier kritisierte, dass in der “SZ” wie in der gesamten deutschen Gesellschaft Schuld und Mitschuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus zunächst verharmlost worden seien und einige führende Köpfe in den Nationalsozialismus verstrickt gewesen seien.