Staatliche Internet-Blockaden 2023 auf neuem Rekordhoch

Immer häufiger schalten weltweit staatliche Stellen das Internet ab – Proteste zu unterdrücken oder Berichterstattung über Gewalt und Kriegsverbrechen zu verhindern. An der Spitze der Rangliste: Indien.

Nie haben staatliche Stellen weltweit häufiger und länger das Internet abgeschaltet als 2023. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Bürgerrechtsorganisation Access Now, die seit 2016 Informationen über staatliche Internet-Blockaden auswertet. Im vergangenen Jahr gab es demnach 283 Shutdowns in 39 Ländern – ein Anstieg von 41 Prozent im Vergleich zu 2022.

Shutdowns können entweder die gesamte Netzanbindung in einer Region oder landesweit betreffen oder auch nur bestimmte Plattformen blockieren. So vermerkt der Bericht, dass beispielsweise die Dating-App Grindr, die vor allem bei Menschen im Bereich LGBTIQ beliebt ist, von besonders vielen Staaten blockiert werde, nur übertroffen vom Sozialen Netzwerk Facebook.

Die meisten Shutdowns verzeichnete Access Now mit großem Abstand in Indien, wo 116 Mal das Internet blockiert wurde. Staatliche Stellen nutzen Shutdowns dem Bericht zufolge als Standard-Antwort auf jegliche Art von Krisen. In der Region Manipur, in der es immer wieder zu ethnischen und religiösen Konflikten kommt, seien beispielsweise etwa 3,2 Millionen Menschen für 212 Tage komplett vom Netz abgeschnitten worden. In Punjab blockierte die Regierung vier Tage lang das Netz für 27 Millionen Menschen, weil sie nach einem angeblichen Separatisten fahndete.

Den zweiten und dritten Platz der meisten Shutdowns belegen in der Rangliste Myanmar und Iran, gefolgt von den Kriegsgebieten Ukraine und Palästina, in denen die Internet-Blockaden nicht von den eigenen staatlichen Autoritäten, sondern jeweils von Russland oder Israel verursacht wurden.

Besonders häufig beobachtet die Organisation Internet-Blockaden im Umfeld von bewaffneten Konflikten. 74 Shutdowns in neun Ländern seien darauf zurückzuführen, im Vergleich zu 36 Vorfällen 2022. Ziel sei, die Berichterstattung über staatliche Repression oder Kriegsverbrechen zu erschweren. Auch rund um Proteste registrierte die Organisation zahlreiche Blockaden. Weitere Auslöser sind Wahlen, der Versuch, Betrug bei Prüfungen zu verhindern, sowie Naturkatastrophen.

Positiv bemerkt der Bericht, dass sich die Regierungen in der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria und Sierra Leone auf Kritik an ihrer Blockade-Praxis hin zu besseren Standards verpflichtet hätten und diese auch einhielten.