Späte Anerkennung: DDR-Frauengefängnis wird Gedenkstätte

Das zentrale Frauengefängnis “Hoheneck” der DDR war ein Ort des Grauens. Trotz tausendfacher Schicksale dauerte es Jahrzehnte, bis ein würdiger Erinnerungsort entstand.

Tausende Frauen haben im größten Frauengefängnis in der DDR unter den Schikanen gelitten
Tausende Frauen haben im größten Frauengefängnis in der DDR unter den Schikanen gelittenepd-bild / Gedenkstätte Hoheneck

Schloss Hoheneck thront über der Stadt. Malerisch gruppiert sich das erzgebirgische Stollberg um die roten Klinkerbauten des Schlosses. Doch zu DDR-Zeiten trog die Idylle: Lange Zeit galt der Ort als berüchtigt, waren Menschen dort von der Außenwelt abgeschnitten. Hoheneck war das größte Frauengefängnis in der DDR, ein zentraler Schreckensort der politischen Verfolgung und ein dunkles Kapitel politischer Strafjustiz. Nach jahrzehntelangem Ringen erinnert künftig eine Gedenkstätte daran. Zur Eröffnung wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet.

35 Jahre nach Entlassung der letzten politischen Insassen aus dem Gefängnis in Stollberg-Hoheneck informiert eine Dauerausstellung über die Geschichte des Ortes. Anhand ausgewählter Biografien wird das unmenschliche Haftregime aufgezeigt. Auch die einstigen Wasser- und Arrestzellen im Keller können besichtigt werden. Die Errichtung der Gedenkstätte kostete rund 1,41 Millionen Euro.

Froh und schmerzhaft zugleich

Die 73-jährige Regina Labahn aus Nordrhein-Westfalen hat die Entwicklung verfolgt, weiß um die zahlreichen Hürden auf dem Weg. Oft habe der Wille gefehlt, mit dem Projekt voranzukommen, sagt sie, auch von der Stadt. Labahn war in den 1980er Jahren in Hoheneck inhaftiert und ist heute Vorsitzende des Frauenkreises ehemaliger „Hoheneckerinnen“, zu dem etwa 30 Mitglieder gehören.

Das sächsische Schloss Hoheneck ist zum Synonym für politische Verfolgung in der DDR geworden
Das sächsische Schloss Hoheneck ist zum Synonym für politische Verfolgung in der DDR gewordenepd-bild / Gedenkstätte Hoheneck

Kurz vor der Eröffnung der Gedenkstätte sagt sie: „Ich bin froh, dass es endlich soweit ist.“ Zugleich sei es noch einmal ein schmerzlicher Prozess: „Wenn ich durch die Ausstellung gehe, kommt noch einmal alles hoch“, sagt sie, „auch das Vergessene und Verdrängte“. Das gehöre eben auch zur Aufarbeitung. Nicht nur ehemalige Gefangene, auch die sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Nancy Aris, atmet auf: „Die Gedenkstätte in Hoheneck war längst überfällig.“ Die Eröffnung jetzt wertet sie als „ein wichtiges Zeichen an die ehemaligen politischen Häftlinge“.

Frauen erlebten in Hoheneck Willkür der Diktatur

Es sei dem Engagement der politisch Verfolgten zu verdanken, dass das Thema immer wieder auf die Tagesordnung gekommen sei. Die neue Gedenkstätte sei das Ende ihres langen Kampfes um eine feste Erinnerung und eine Verankerung ihrer Schicksale, sagt Aris. Mehr als ein Drittel der schätzungsweise rund 24.000 Gefangenen zwischen 1950 und 1989 waren aus politischen Gründen in Hoheneck. Die Frauen erlebten dort die Willkür einer Diktatur, schufteten im Dreischichtsystem für den DDR-Export.

Die Haftbedingungen galten als unmenschlich: Zu wenig Toiletten und Waschräume, militärischer Drill und ein spezielles Arrest-Regime waren Alltag. Viele Unterlagen und Dokumente zu Hoheneck sind verschollen. Projektleiter Stefan Appelius hat jedoch unter anderem für den Zeitraum von 1945 bis 1989 rund 170 Todesfälle namentlich nachgewiesen, darunter auch Suizide.

Schwieriger Entstehungsprozess für Gedenkstätte

Viele Zeitzeuginnen glaubten zwischenzeitlich nicht mehr an den Erfolg des Gedenkstätten-Projektes. Der Erzgebirgsstadt warfen sie mangelndes Interesse am Thema vor. Zwar hatte die Kommune immer wieder Führungen durch den ehemaligen Frauenknast angeboten und Zeitzeugengespräche veranstaltet. Doch mehrfach steckte das Vorhaben komplett fest. Bereits geplante Eröffnungen 2017 und 2019 wurden kurzerhand verschoben. Die Stadt begründete dies meist mit Baumaßnahmen.

Für den 12. Juli sind ehemalige „Hoheneckerinnen“ nach Stollberg eingeladen. Reise- und Übernachtungskosten müssen sie jedoch selbst tragen, ein Budget ist laut Stadtverwaltung dafür nicht vorgesehen. Beim Bautzen-Komitee, ein von ehemaligen DDR-Häftlingen gegründeter Verein, stößt das auf heftige Kritik. Regina Labahn will dennoch kommen. Aber auch sie hat kein Verständnis für das strikte Vorgehen: „Es ist eine Schande.“