In ihrer Schillerrede hat die Soziologin Eva Illouz den US-Präsidenten wegen seiner “Selbstschmeichelei” kritisiert, die ihn gleichgültig für die Wahrheit mache. Er regiere auf neue Art faschistisch – per “Verwirrung”.
Die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz hat den Regierungsstil von US-Präsidenten Donald Trump scharf verurteilt. “Trump ist eine neue Art von faschistischem Führer, der nicht von einer starren und klaren Ideologie lebt, sondern von Verwirrung”, sagte Illouz am Sonntag in der diesjährigen Schillerrede im Deutschen Literaturarchiv in Marbach.
“Trumpismus setzt alle Merkmale des Faschismus ein, jedoch innerhalb der Demokratie und nicht gegen sie”, sagte Illouz in ihrer auf Englisch gehaltenen Rede. Tatsächlich fördere der Trumpismus aber “antidemokratischen Autoritarismus”. In diesem “widersprüchlichen politischen Regime” könne man “kaum mehr sicher wissen, wofür Trump wirklich steht”. Unsicherheiten und Verwirrung kennzeichneten “den gegenwärtigen Moment”.
Diese Form der Verwirrung hätte in einer früheren technologischen Ära nicht auftreten können, gab sich die Soziologin überzeugt. “Soziale Medien sind gewaltige Technologien der Selbstvermarktung, in denen Menschen nun die Wahrheit über sich selbst verbreiten und mit ihren Followern und ‘Likes’ prahlen”, sagte Illouz.
Soziale Medien nannte sie “Blasen selbstgemachter und selbstschmeichelnder Wahrheiten”. Die Realität dieser “Wahrheiten” bestehe allein in der Tatsache, dass sie “vom Selbst verkündet und von anderen bestätigt werden”.
Illouz verglich Trump mit der Figur des King Lear in William Shakespeares gleichnamigen Schauspiel. “Was König Lear und Trump wollen, sind Follower.” Trump und Lear zeigten “eine geheime Affinität: Sie betreiben Selbstschmeichelei”. Illouz fügte hinzu: “In der Selbstschmeichelei werden wir gegenüber der Wahrheit und anderen gleichgültig.”
Mit der Schillerrede wird jährlich an den am 10. November 1759 in Marbach am Neckar geborenen Dichter Friedrich Schiller erinnert. 2024 sprach der Kremlkritiker Michail Schischkin in Marbach. Illouz ist Professorin für Soziologie an den Universitäten in Jerusalem und in Paris. Ihre Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Im September 2025 erschien ihr Buch “Der 8. Oktober”, in dem es um die Ursprünge eines neuen Antisemitismus geht.