Soziologe: Diskrepanz zwischen politischen Zielen und Realität

Kaum ein Thema polarisiert die Gesellschaft so stark wie die Migration. Warum es zu Problemen kommen kann, erklärt ein Soziologe.

Eine Diskrepanz zwischen politischen Zielen und der Realität beim Thema Migration ist einem Experten zufolge ein Nährboden für den Erfolg von Populisten. „Seit langer Zeit geben die meisten Politiker das Ziel aus, die Zuwanderungszahlen senken zu wollen. Tatsächlich sehen wir aber, dass die Zahlen tendenziell steigen. Diese Diskrepanz zwischen politischen Zielen und den tatsächlichen Effekten ist ein großes Problem“, sagte der Osnabrücker Soziologe Aladin El-Mafaalan im Interview der „Welt“ (Montag). Politiker machten Versprechungen, die sie nicht halten könnten.

„Wenn man sagt, man wolle im großen Stil abschieben, das aber nicht klappt, ist das enttäuschend, auch wenn die Hürden oft mit internationaler Gesetzgebung zusammenhängen“, erklärte El-Mafaalan. In Großbritannien zum Beispiel habe der Brexit nicht dazu geführt, dass weniger Menschen zugewandert seien, obwohl dies in Aussicht gestellt worden sei. „Das führt zu Spannungen und zu den besten Voraussetzungen für Populisten, die es dann leicht haben zu mobilisieren.“

Insgesamt sei in Deutschland die Integration noch immer eine Erfolgsgeschichte, zeigte sich der Soziologe überzeugt. „Wir müssen heute aber verstärkt die Rahmenbedingungen betrachten. Die Infrastruktur ist in keinem guten Zustand. Damit meine ich jetzt nicht Mobilität oder Digitalisierung, sondern die Integrationsinfrastruktur.“ Diese habe in den vergangenen Jahren nicht mit der gestiegenen Zuwanderung mithalten können. Als Beispiele nannte El-Mafaalan Wohnraum, Kitaplätze, Schulen, Sprach- und Integrationskurse sowie ein funktionierendes Gesundheitssystem.