Sozialministerin Köpping kritisiert “Eugenik”-Äußerungen

Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) hat sich von „Eugenik“-Äußerungen des Chefs der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS), Klaus Heckemann, distanziert. Sie und ihr Ministerium würden sich „ausdrücklich der Kritik der Verbände und Fachgesellschaften“ anschließen, erklärte Köpping am Mittwoch in Dresden. Demnach schaden die Aussagen von Heckemann den in der Vereinigung organisierten Ärztinnen und Ärzten. Auch Sachsens Landesärztekammer hatte die Aussagen des KVS-Chefs kritisiert.

Heckemann hatte sich in einem offiziellen Text zur Humangenetik geäußert und darin von „Eugenik“ in „ihrem besten und humansten Sinn“ gesprochen. In einem Editorial beschreibt er eine „Zukunftsvision“, bei der Kosten für die Suche nach Mutationen im genetischen Material drastisch optimiert würden. Dann sei denkbar, dass „allen Frauen mit Kinderwunsch eine komplette Mutationssuche“ nach allen bekannten vererbbaren, schweren Erkrankungen angeboten werde. Mittels künstlicher Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik könnte dann die Geburt eines schwerstkranken Kindes ausgeschlossen werden.

Köpping erklärte, die Einlassungen im Editorial würden Heckemanns Funktion und Verantwortung als Vorstandsvorsitzender der KVS nicht gerecht. „Jeder und jede in einer Führungsposition, ob im Gesundheitsbereich oder anderswo, hat eine große Verantwortung für den gesellschaftlichen Diskurs und muss sich dieser Tatsache auch bewusst sein“, betonte die Ministerin. Sie habe das persönliche Gespräch mit Heckemann gesucht und ihre Position zum Ausdruck gebracht. Die KVS äußerte sich bis zum Mittwochnachmittag offiziell nicht.

Die Landesärztekammer erklärte, es gebe „das Recht eines jeden auf Leben und körperliche Unversehrtheit“. Kostenkalkulationen dürften dabei keine Rolle spielen. Heckemann wecke mit seinen Äußerungen „automatisch Erinnerungen an die deutsche Vergangenheit“. Dies sei mit dem ärztlichen Ethos unvereinbar. Auch die Dresdner Hochschulmedizin hatte Heckemann in einem offenen Brief scharf kritisiert.

Der Begriff „Eugenik“ steht für die Lehre von als gut angesehenen Erbanlagen und das Ziel, die Verbreitung solcher Erbanlagen zu fördern. Die Nationalsozialisten rechtfertigten damit Zwangssterilisierungen und verübten unter dem Deckmantel der „Eugenik“ Massenmorde an behinderten Menschen zum Zweck der vermeintlichen „Erb- und Rassenhygiene“.

Die Vorsitzende der Linken in Sachsen und Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl, Susanne Schaper, betonte, Heckemann missbrauche „einmal mehr sein Editorial für eine überflüssige politische Provokation“. Die Gendiagnostik biete Chancen zur Heilung und Vermeidung von Erbkrankheiten, berge aber auch Risiken. Sie durch den Begriff „Eugenik“ mit der sozialdarwinistischen „Rassenhygiene“ in Verbindung zu bringen, bringe „eine wichtige ethische Debatte nicht voran, sondern vergiftet sie“. Heckemann bringe die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen in Misskredit, obwohl er eigentlich deren Interessen vertreten müsste. Die KVS ist ein Organ der ärztlichen Selbstverwaltung.