So nutzen Pastoren die Kraft der Stimme

Für ihre Präsenz vor der Gemeinde brauchen Pastoren vor allem eines: eine Stimme, der man gern zuhört. Das lässt sich trainieren, weiß Coach Susanne Böhm.

Mit Gesten unterstreichen Pastoren die Kraft ihrer Stimme (Symbolbild)
Mit Gesten unterstreichen Pastoren die Kraft ihrer Stimme (Symbolbild)Rolf Zoellner / epd

Husum. „In den kirchlichen Berufen ist es wichtig, dass die Stimme sofort die Türen öffnet.“ Das sagt eine, die sehr genau hört, was der Klang einer Stimme ausdrückt: Susanne Böhm ist Sopranistin, Organistin und Stimmtrainerin. Sie meint: „Unsere Gottesdienste könnten an Kraft gewinnen, wenn die Sprechenden den Kontakt zur eigenen Stimme wiederfinden.“ Verloren gegangen ist dieser in vielen Fällen, weil heute weniger gesungen wird als noch vor 100 Jahren. Und weil die elektronische Klangverstärkung das Wissen darüber überflüssig gemacht hat, wie allein mit Resonanz ein großer Raum zu füllen ist: „Heute verlassen wir uns auf die Mikrofone.“
Dabei ist auch ein Stück Bewusstsein dafür verloren gegangen, wie wichtig Gestimmtheit und Präsenz für die Botschaft sind. Solange die Gemeinde aber damit beschäftigt ist, den Klang aus den Lautsprechern abzuwehren oder sich sehr zu konzentrieren, um zu verstehen, rückt der Inhalt in den Hintergrund.
Darum wissen auch die Studienleiter am Predigerseminar in Ratzeburg: „In der Ausbildung haben Erfahrungen mit der eigenen Stimme und der Präsenz einen hohen Stellenwert“, sagt der stellvertretende Direktor, Pastor Hubertus Hotze. Liturgisches Singen und Stimmschulungen stehen ebenso auf dem Stundenplan wie die Sprechausbildung und die Arbeit an der eigenen Präsenz mit einem Schauspieler.

Die Bühne der Kirche

Denn raumfüllend und wohlklingend zu sprechen, sodass die Zuhörer den Sprecher gut verstehen und innerlich mitgehen – das kann man trainieren. Die Mechanismen sind die gleichen wie bei Musikern und Schauspielern: „In dem Moment, in dem ich vor die Gemeinde trete, stehe ich auf der Bühne. Dessen muss ich mir bewusst sein“, sagt Böhm. Und der Weg zur Bühnenpräsenz ist eine Arbeit an der eigenen Persönlichkeit entlang.
Ihr geschultes Gehör erlaubt Böhm, blitzschnell zu erfassen, ob eine Stimme stimmig ist oder nicht. Das Training ist individuelle Arbeit: „Es sind ganz unspektakuläre Sachen“, sagt sie: „Wie stehe ich? Wo mache ich Pausen? Genieße ich das eigene Sprechen?“
In der Ausbildung setzen sich die Vikare der Nordkirche mit diesen Themen auseinander. „Dann im weiteren Berufsleben für seine Stimme und Energie zu sorgen, das ist in die Verantwortung jedes Einzelnen gelegt“, sagt Hubertus Hotze. Es gibt Fortbildungsangebote und immer die Möglichkeit, Rat bei Kirchenmusikern zu suchen.

"Wo liegt die Kraft?"

Der Studienleiter selbst ist sich der Energie, die durch verschiedene Gestaltungselemente eines Gottesdienstes transportiert wird, bewusst: liturgische Elemente, die auf einer jahrhundertealten Tradition fußen. „Es ist bereichernd, da hinzusehen“, ist auch Susanne Böhm überzeugt. Dabei geht es ihr nicht um die traditionellen Formen an sich: „Ich gucke nur: Wo liegt die Kraft?“
Info
Ein Seminar zu Stimme und Präsenz bietet Susanne Böhm am 22. und 23. Januar 2016 an. Infos unter www.stimm-stark.de. Kontakt zu weiteren Anbietern sowie Schulungen für Haupt- und Ehrenamtliche bietet das Gottesdienstinstitut: www.gottesdienstinstitut-nordkirche.de.