So gehen Hilfsorganisationen mit dem Arbeitsverbot für Frauen in Afghanistan um

Seit einem Monat dürfen Frauen in Afghanistan nicht mehr arbeiten. Wie gehen internationale Hilfsorganisationen damit um? Unterschiedlich, zeigt eine Umfrage.

In Afghanistan müssen Frauen eine Burka tragen
In Afghanistan müssen Frauen eine Burka tragenImago / Sven Simon

Einen Monat nach dem von den Taliban verhängten Arbeitsverbot für Frauen ringen Hilfsorganisationen um einen Umgang mit dem Beschluss. Wie eine Befragung deutscher und internationaler Organisationen durch den Evangelischen Pressedienst (epd) zeigt, sind viele Projekte weiter ausgesetzt, weil sie ohne Mitarbeiterinnen nicht umsetzbar sind. Die Hilfswerke warnen deshalb vor einer massiven Verschärfung der humanitären Krise in dem Land. Laut den Vereinten Nationen sind mehr als 28 Millionen Afghaninnen und Afghanen auf Hilfe angewiesen.

Am 24. Dezember hatten die Taliban Frauen verboten, bei Hilfsorganisationen zu arbeiten. Als Begründung hieß es, die Frauen kleideten sich nicht angemessen. International wurde der Beschluss scharf kritisiert. Bisher ist die medizinische Hilfe von den Beschränkungen ausgenommen.

„Verheerende Folgen“

Zu den Organisationen, die ihre Projekte immer noch ganz eingestellt haben, zählt die Welthungerhilfe. „Wir wissen auch noch nicht, wann und unter welchen Bedingungen es weiter gehen kann“, sagte die Sprecherin der deutschen Hilfsorganisation, Simone Pott. Zugleich warnte sie vor den verheerenden Folgen des Arbeitsverbots. Jeder Tag ohne die Unterstützung durch die Hilfsorganisationen bedeute neues Leid. „Wir gehen davon aus, dass dadurch noch mehr Menschen hungern und frieren müssen.“

Der Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha), Jens Laerke, sagte, weder nationale noch internationale Angestellte der Vereinten Nationen seien von dem Verbot betroffen. Zugleich zeigte auch er sich besorgt über die Verschärfung der humanitären Lage. 70 Prozent der Hilfsprogramme würden über afghanische und internationale Hilfsorganisationen abgewickelt, sagte er. Weibliche Beschäftigte seien „essenziell“ für die Hilfe. „Bleibt das Verbot bestehen, wird es verheerende humanitäre Auswirkungen im ganzen Land haben.“

Rotes Kreuz macht weiter

Der Leiter von Caritas International, Oliver Müller, sagte: „Wir haben schon eine humanitäre Katastrophe in Afghanistan, wenn sich die Hilfe durch das Verbot noch ausdünnt, kann das zum Tod von vielen Menschen führen.“ Bei dem katholischen Hilfswerk laufen die Projekte nach eigenen Angaben im medizinischen Bereich weiter. Sieben andere Hilfsprojekte seien temporär ausgesetzt worden. Das Kinderhilfswerk „Save the Children“ nimmt derweil nach eigenen Angaben in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Bildung und Arbeit Aktivitäten nach und nach wieder auf. Bedingung sei, dass die weiblichen Mitarbeitenden „sicher sind und ungehindert arbeiten können“, sagte Geschäftsführer Florian Westphal.

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) teilte derweil mit, dass alle Aktivitäten weiterliefen. Auch die medizinische Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist nach eigenen Angaben weiter in Afghanistan präsent. Ihre weiblichen Angestellten könnten weiter arbeiten. Die Diakonie Katastrophenhilfe erklärte ebenfalls, dass die Arbeit der Partnerorganisation CWSA trotz Schwierigkeiten bisher nicht eingestellt werden musste.

Wie die Befragung der Hilfsorganisationen zeigt, zahlen sie ihren weiblichen Beschäftigten weiter Gehalt, auch wenn sie von den islamistischen Taliban an der Arbeit gehindert werden. Welthungerhilfe-Sprecherin Pott sagte, viele von ihnen ernährten ihre gesamte Familie und sorgten dafür, dass „Nahrung, Wasser und auch Wärme im Winter gibt“.

UN verhandelt

Die Taliban hatten im August 2021 erneut die Macht in Afghanistan übernommen und schränkten die Rechte von Frauen und Mädchen seitdem zunehmend ein. Derzeit ist der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths in dem Land am Hindukusch, um über eine Aufhebung des Arbeitsverbots für Frauen zu verhandeln. Laut einer von UN Women veröffentlichten Erhebung können acht von zehn nationalen und internationalen Hilfsorganisationen ihre Aktivitäten nur noch begrenzt ausführen oder müssen sie ganz einstellen.