Sexueller Missbrauch beschäftigt Landessynode

Sachsens evangelische Landessynode hat auf ihrer Herbsttagung Betroffene sexuellen Missbrauchs zu Wort kommen lassen. In persönlichen Statements schilderten sie Übergriffe von kirchlichen Mitarbeitern. Die derzeit zahlenmäßig größte Opfergruppe in der Landeskirche sind Betroffene im Fall des Chemnitzer Diakons Kurt Ströer (1921-2013). Er soll jahrzehntelang Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Bislang sind 36 Betroffene bekannt, es wird aber von weit mehr Opfern ausgegangen.

Sachsens evangelischer Landesbischof Tobias Bilz will bei der Aufarbeitung Betroffene stärker einbinden und in den Fokus rücken. „Für mich steht im Vordergrund, ihnen zuzuhören“, sagte Bilz auf der Synodentagung in Dresden. Zudem entschuldigte sich der Bischof bei den Opfern für Defizite im Aufarbeitungsprozess: „Mir wird bewusst, dass wir Ihnen immer wieder nicht gerecht werden. Ich gestehe das ein, es tut mir sehr leid.“

Die Synode zeigte sich über die Berichte schockiert. Der Bischof dankte Betroffenen für ihre „Hartnäckigkeit“, mit der sie immer wieder auf sexuellen Missbrauch aufmerksam machen. Opfergruppen hatten wiederholt eine schleppende Aufarbeitung der sächsischen Landeskirche kritisiert und beklagt, dass ihnen nicht geglaubt werde.

Der Fall des 2013 verstorbenen Jugendwarts Kurt Ströer ist auch Teil einer wissenschaftlichen Studie, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegeben hat. Ergebnisse werden im Januar erwartet. Ströers Missbrauchsopfer sprechen von spirituellen Abhängigkeiten, körperlichen Handlungen und einer „kruden Theologie“. Bis heute hätten sie unter den Folgen zu leiden, berichteten sie vor der Synode. Die Übergriffe waren demnach kirchenintern schon lange bekannt, wurden aber erst 2021 öffentlich.

Zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt hatte die sächsische Landeskirche 2020 eine Meldestelle eingerichtet. Laut dem Präsidenten des sächsischen Landeskirchenamtes, Hans-Peter Vollbach, sind seither 565.000 Euro an 49 Betroffene gezahlt worden. Einige der Opfer fordern darüber hinaus ein Schmerzensgeld. Insgesamt wurden laut Landeskirche bisher 54 Betroffene und 25 Beschuldigte erfasst.

Auf ihrer Herbsttagung haben die 80 Synodalen am Wochenende zudem über den landeskirchlichen Haushalt beraten. Er sieht für 2024 ein Volumen von rund 254 Millionen Euro vor und damit nur geringfügig mehr als in diesem Jahr. Rund 133 Millionen Euro werden aus Kirchensteuereinnahmen erwartet. Der neue Haushalt soll zum Abschluss der Tagung am Montag beschlossen werden.

Auch ein Kirchengesetz zur Abfederung vakanter Pfarrstellen liegt der Synode vor. Demnach sollen Kirchenmitglieder mit langjähriger ehrenamtlicher Tätigkeit wie Diakone oder Laienprediger Pfarrstellen für eine gewisse Zeit besetzen können.

Die sogenannten Pfarrreferentinnen und Pfarrreferenten dürfen predigen sowie nach entsprechender Ausbildung das Abendmahl austeilen und auch taufen. Sie sollen aber nicht mit der Gemeindeleitung betraut werden. Die Synode ist das gesetzgebende Organ der Landeskirche, zu der rund 610.000 Mitglieder zählen.