Sexualisierte Gewalt: Bremische Kirche will Prävention stärken

In allen Gemeinden und Einrichtungen sowie in der Verwaltung der Bremischen Evangelischen Kirche soll es bis spätestens Ende 2025 detaillierte Konzepte zur Prävention vor sexualisierter Gewalt geben. Das haben am Mittwoch knapp 140 Mitglieder des Parlamentes der bremischen Kirche in einer Sondersitzung beschlossen. Mit dem Votum für die Entwicklung von Schutzkonzepten auch unter Beteiligung externer Fachkräfte reagierten die Delegierten auf aktuelle wissenschaftliche Analysen. Darin wurden die sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie sowie speziell auch in der bremischen Kirche untersucht.

Die sogenannte ForuM-Studie sei auch für die bremische Kirche „eine dringliche Aufforderung zum Umdenken und zu einer veränderten Praxis“, hieß es. Bremens Kirchenpräsidentin Edda Bosse betonte: „Wir sind nicht mit uns im Reinen – und wir dürfen es auch nicht sein.“

Der unabhängige Forschungsverbund ForuM hatte Ende Januar eine bundesweite Studie über sexualisierte Gewalt in der EKD und der Diakonie veröffentlicht. Dabei wurden mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte ermittelt. Die tatsächliche Zahl liegt nach Aussagen der Forscher deutlich höher.

In einer Tiefenanalyse zur ForuM-Studie war überdies der Fall des Bremer Dompredigers Günter Abramzik (1926-1992) untersucht worden. Die Studie ergab, dass Abramzik gegen mindestens 17 Jungen sexualisierte Übergriffe begangen hat – fast ausschließlich Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Von einem wesentlich größeren Dunkelfeld sei auszugehen. Während der Bremer Sondersitzung am Mittwoch wurde von mindestens 20 Betroffenen gesprochen.

In der Untersuchung des Münchner Institutes für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) heißt es, die vonseiten der bremischen Kirche behauptete Aufarbeitung habe nicht stattgefunden. Stattdessen hätten die Verantwortlichen strategisch gehandelt. „Es wurde verschleppt und verzögert, sodass sich die Bedingungen für eine tatsächliche Aufarbeitung zunehmend verschlechterten.“ Die Kirche habe es über Jahre versäumt, die Öffentlichkeit über die Vorwürfe gegen den prominenten Domprediger zu informieren.

Nach der Veröffentlichung der Studien hätten sich weitere Hinweise auf sexualisierte Gewalt und Grenzverletzungen ergeben, hieß es im Verlauf der Synode. In einem aktuellen Fall sei eine Kündigung ausgesprochen worden. Es sei Strafanzeige gestellt worden, die Staatsanwaltschaft ermittle. Zur Bremischen Evangelischen Kirche gehören 52 Gemeinden mit rund 160.000 Mitgliedern.