Seelsorgerin: Kirche muss mehr für Flüchtlinge tun

Die hessen-nassauische Pfarrerin im Kirchlichen Flüchtlingsdienst am Flughafen Frankfurt, Tanja Sacher, hat die Kirche zu mehr Engagement für Flüchtlinge aufgerufen. „Der Krieg in der Ukraine geht weiter. Die Leute brauchen mehr Hilfe“, sagte die Seelsorgerin für ukrainische Geflüchtete dem Evangelischen Pressedienst (epd). Regelmäßig kämen Menschen aus der Ukraine am Flughafen an und sagten: „Wir wissen nicht, wohin!“. In den Räumen des kirchlichen Flüchtlingsdienstes erzählten sie unter Tränen, was sie erlebt hatten. Der Seelsorgerin erwiderten sie: „Gott sei Dank, Sie verstehen mich.“ Die Mitarbeitenden organisierten die Weiterfahrt oder eine Unterkunft.

Als russisch sprechende und therapeutisch geschulte Seelsorgerin hielten ukrainische Flüchtlinge unabhängig von ihrem Wohnort monate- oder jahrelangen Kontakt mit ihr, berichtete Sacher. Sie erhalte Anrufe oder Nachrichten, dass die Menschen Alpträume, Panikattacken oder Depressionen hätten. Regelmäßig werde sie in Krankenhäuser gerufen, um zu übersetzen und Patienten beizustehen. Auch betreue sie Ukrainerinnen und Ukrainer, denen die Bundespolizei die Einreise trotz der Massenzustromrichtlinie der EU verweigere. Diese dürften nur in Deutschland bleiben, wenn sie einen Asylantrag mit ungewissem Ausgang stellten.

Auf diese Weise lande seit vergangenem März etwa eine ukrainische Familie pro Woche am Flughafen Frankfurt in einer Flüchtlingsunterkunft, berichtete Sacher. Eine Familie sei durch die Bundespolizei derart verunsichert worden, dass sie gegen ihren Wunsch der Empfehlung folgte, nach Moldawien auszureisen. Die Pfarrerin ist auch Ansprechpartnerin für Institutionen, die sonst nicht weiterwissen. An einem Sonntagabend habe sie die ukrainische Botschaft aus den USA telefonisch um Hilfe gebeten, erzählte Sacher. Die Polizei habe einem achtjährigen Mädchen aus der Ukraine mit zwei Beinprothesen die Einreise verweigert.

Das Mädchen habe mit einer Begleiterin nur durch den Transit gehen und zur medizinischen Behandlung in die USA weiterfliegen wollen, berichtete Sacher. Sie habe daraufhin die Frauen abgeholt, die Umstände erklärt, sie durch die Passkontrolle und bis zum Flugzeug begleitet. Die Kirche könne auch viel für ukrainische Flüchtlinge im Land tun, sagte die Seelsorgerin. In Steinbach (Taunus) habe die Evangelische Kirchengemeinde an Himmelfahrt Ukrainerinnen und Ukrainer zu einem Schaschlik-Grillen eingeladen. Statt geplanten 50 Personen kamen 90. Ein Teilnehmer habe glücklich geseufzt: „Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass ich in Deutschland teilhabe.“