Seelsorger: Kinder mit schlechten Noten brauchen Rückhalt der Eltern

Der Tag der Zeugnisvergabe ist für viele Schüler ein schwerer Tag. Wer schlechte Noten hat, leide häufig unter Minderwertigkeitsgefühlen oder sei überzeugt, versagt zu haben, sagte Pfarrer Matthias Engel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Religionslehrer und Schulseelsorger aus Worms beobachtet, dass Schülerinnen und Schüler das Bewertungssystem der Schule nicht hinterfragen und für sich akzeptieren, dass „die Noten über ihren Wert bestimmen“.

Dem Leistungsdruck oder Minderwertigkeitsgefühlen versuche er mit Wertschätzung zu begegnen, sagte Engel. Bei kleinen Meditationen zum Unterrichtsbeginn gebe er beispielsweise Impulse, die die Kinder anregen, über ihre Stärken nachzudenken. Eltern empfiehlt er, ihren Kindern auch bei schlechten Noten Rückhalt zu geben.

Engel unterrichtet seit mehr als 30 Jahren am Gauß-Gymnasium in Worms. Früher habe er auch Schüler erlebt, denen es egal gewesen sei, ob sie eine Drei oder eine Vier im Zeugnis hatten. „Das erlebe ich kaum noch“, sagte er. Die Schüler seien überzeugt: „Ich muss perfekte Leistung bringen.“ Das führe mitunter auch bei leistungsstarken und disziplinierten Schülerinnen zu Magersucht oder anderen Problemen. Zusätzlichen Stress macht den Schülern nach Engels Worten auch die oftmals durchgetaktete Freizeit: „Manche haben viele Hobbys, und auch die Zeit für Social Media muss aufgebracht werden.“

Den Leistungsdruck, den Schüler sich selbst machen oder der von ihren Eltern kommt, sieht auch Benjamin Hoof. Seit der Pandemie beobachtet der Lehrer und Schulseelsorger an der Usinger Christian-Wirth-Schule zudem, dass die Schülerinnen und Schüler „weniger Ressourcen haben, um mit stressigen Phasen umzugehen“. Dies bezog er auf die Wochen vor den Ferien, in denen viele Arbeiten geschrieben und die Noten besprochen werden.

Schimpfende Eltern seien bei schlechten Zensuren nicht hilfreich, sagte der Lehrer für Religion, Politik und Wirtschaft und warb für Empathie. Die Eltern sollten den Kindern zuhören, ihre Sorgen und Nöte ernst nehmen und mit ihnen gemeinsam überlegen, wie sie die Situation verändern können.

Die Kinder müssten spüren, dass die Eltern sie lieben, betonte Pfarrer Engel. „Egal was kommt, wir stehen das gemeinsam durch.“ Das sei die Botschaft, die Kinder brauchen.