Schulung gegen Antisemitismus und Debatte über Exmatrikulation

Eine Hochschule geht neue Wege und vermittelt mit Imamen und Rabbinern Wissen rund um die Nahostkrise. Unterdessen geht die Debatte um Exmatrikulation bei schweren antisemitischen Übergriffen an Universitäten weiter.

Schulung gegen Antisemitismus und Diskriminierung: Das Projekt „Meet2respect“ bietet erstmals auch Workshops gegen Antisemitismus und Diskriminierung an Universitäten an, wie die Initiative am Freitag in Berlin erklärte. Bisher war sie vor allem an Schulen in Berlin, Brandenburg und Bayern unterwegs. Dabei besuchen muslimische und jüdische Religionsvertreter gemeinsam Kinder und Jugendliche im Unterricht, um Vorurteile zu entkräften und für Verständigung zu werben.

Die ersten Formate für Dozenten und Lehramtsstudenten werden laut Angaben in Zusammenarbeit mit der Berliner Dahlem School of Education (DSE) umgesetzt; ein Workshop fand demnach bereits statt. Die stellvertretende Direktorin Sabine Achour erklärte: „Uns ist es wichtig, im Lehramtsstudium stärker für Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit zu sensibilisieren.“ Hintergrund sei der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und die damit verbundenen Krisen und Konflikte.

Die Workshops sollen laut „Meet2respect“ Dozentinnen und Dozenten sowie Lehramtsstudentinnen und -studenten die historischen und politischen Hintergründe des Nahostkonflikts vermitteln. Ein Schwerpunkt liege dabei auf Multiperspektivität und Medienkompetenz.

Hintergrund ist auch der Angriff eines Studenten der Freien Universität (FU) Berlin auf einen jüdischen Kommilitonen außerhalb der Hochschule Anfang Februar. „Die aktuellen Krisen und Konflikte wirken sich auf das gesellschaftliche Zusammenleben und damit auch auf Schule und Universität in hohem Maße aus. Insbesondere der Angriff auf einen jüdischen Studenten hat uns betroffen gemacht“, erklärte Imam Ender Cetin von „Meet2respect“. Rabbiner Elias Dray sagte: „Auf Vorfälle wie diese muss reagiert werden können.“

Laut einer aktuellen Studie im Auftrag des Bundesbildungsministeriums ist unter Studierenden der allgemeine Antisemitismus deutlich weniger verbreitet als in der durchschnittlich Bevölkerung. Demnach zeigen unter Studierenden 8 Prozent eine antisemitische Haltung, in der Gesamtbevölkerung sind es 18 Prozent. Forscher der Universität Konstanz befragten online repräsentativ ausgewählte 2.300 Studierende aus dem gesamten Bundesgebiet.

Eine Exmatrikulation für schwere antisemitische Verstöße, für die sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) aussprach, erweist sich nach einer Umfrage des Magazin „Spiegel“ als schwierig. „Die grundgesetzliche garantierte Berufsfreiheit – auch eines Täters – ist ein sehr hohes Gut“, heißt es dazu im hessischen Wissenschaftsministerium nach Angaben des Magazins. Im Kern gehe es demnach darum, die Berufsfreiheit aller zu gewährleisten.

Unterdessen forderte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, weitere Forschungsprojekte zum Thema Antisemitismus an Hochschulen. Dabei müsse auch stärker die Betroffenenperspektive miteinbezogen werde. Die Antwort auf die Frage, warum Antisemitismus an Hochschulen noch präsenter und radikaler auftrete, obwohl Studenten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nicht anders zu denken scheinen, bleibe die Studie leider schuldig.