Schulprojekt „Respekt Coaches“ steht vor dem Aus

Dem Demokratie-Förderprogramm an Schulen „Respekt Coaches“ droht das Aus, weil der Bund die Gelder kürzen will. Passt das in die politische Landschaft?

Diakonie und Caritas werben vehement für den Erhalt des Demokratie-Förderprogrammes "Respekt Coaches" an Schulen
Diakonie und Caritas werben vehement für den Erhalt des Demokratie-Förderprogrammes "Respekt Coaches" an Schulenepd / Jugendmigrationsdienste

Das Bundesfamilienministerium bestätigt auf Anfrage: „Von den Einsparauflagen zur Konsolidierung des Bundeshaushalts 2024 sind auch die Jugendmigrationsdienste (JMD) und das Bundesprogramm ‚Respekt Coaches‘ betroffen.“ Vorgesehen ist, die Finanzierung der JMD, unter deren Dach pädagogische Fachkräfte als „Respekt Coaches“ agieren, um 40 Prozent zurückzufahren. Noch stellt der Bund 31 Millionen Euro an Zuschüssen bereit. Wenn sich keine andere Finanzierung findet, stehen viele Jobs der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zum Jahresende auf der Kippe.

Die Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Ursula Schoen, sagt: „Was im Programm ‚Respekt Coaches‚ geleistet wird, fällt nicht in die Kategorie ‚nice to have‘.“ Demokratie- und Menschenrechtsbildung müsse im Schulalltag verankert werden – da, wo die Probleme konkret aufträten: „Funktionierende Strukturen der Demokratieförderung dürfen nicht zerschlagen werden.“ Sie verweist auf die jüngsten Vorfälle von Rechtsextremismus an Brandenburger Schulen. Die frühe Auseinandersetzung mit Extremismusformen, Ausgrenzung, Verschwörungsideologien, Fake News und Hate Speech sei eine notwendige Vorbeugung gegen die Verbreitung antidemokratischer Ideologien.

Bundesregierung plant eigenes Programm

Im Bundesprogramm „Respekt Coaches“ arbeiten seit 2018 pädagogische Fachkräfte an Schulen ab der Jahrgangsstufe fünf, um Mädchen und Jungen vor Extremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu bewahren. „Ziel ist es, den Blickwinkel zu erweitern und unterschiedliche Weltanschauungen und Lebensweisen besser zu verstehen“, heißt es auf der Homepage des Ministeriums.

Von den Einsparungen des Bundeshaushalts in 2024 sind Jugendmigrationsdienste und das Bundesprogramm Respekt Coaches betroffen
Von den Einsparungen des Bundeshaushalts in 2024 sind Jugendmigrationsdienste und das Bundesprogramm Respekt Coaches betroffenepd / Jugendmigrationsdienste

Das Modellprogramm habe gute Erfolge gezeigt, sagte eine Sprecherin des Ministeriums: Die Bundesregierung plane mit dem neuen „Startchancen“-Programm einen massiven Ausbau der Sozialarbeit an Schulen. Daher habe sie entschieden, das wichtige Know-How aus dem Bundesprogramm „Respekt Coaches“ Schritt für Schritt weiter in die Schulen zu verlagern und in den Kompetenzbereich der Länder zu überführen: „In welcher Form und zu welchem Zeitpunkt dies geschehen kann, wird derzeit zwischen Bund und Ländern geklärt.“ Bundesweit sind rund 600 Schulen beteiligt.

Die Kürzungen in dieser Höhe seien „unerwartet gekommen und kurzfristig kommuniziert worden, es blieb keine Alternative, als das Programm zum Ende dieses Jahres zu beenden“, sagte Uwe Grallath, Koordinator der Trägerfachstelle „Respekt Coaches“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA), im Gespräch mit dem epd. Dabei sei diese Arbeit „auf absehbare Zeit dringend notwendig, denn das Vertrauen in demokratische Regeln fällt nicht vom Himmel“, sagte Grallath.

„Respekt Coaches“ holt Jugendliche aus ihrem Alltag

Das Programm sei wegen des methodischen Zugangs erfolgreich, „wenn zum Beispiel Rap-Workshops oder Rollenspiele Jugendliche für ein paar Stunden aus ihrem Alltag rausholen, dennoch ihre Themen aufgreifen oder ihre Fragen beantworten“, erläuterte der Koordinator. Das Erfolgsrezept sei, dass die „Respekt Coaches“ zwar an den Schulen seien, „aber sie arbeiten nicht wie die Schule: Es gibt keine Noten, keine Bewertung und auch keine Sanktionen“.

Elena Janzen, Mitarbeiterin im Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr, hat an der Berufsbildenden Schule Ahrweiler verschiedene Projekte und Aktionen initiiert: „Die Schülerinnen und Schüler fanden das Angebot sehr konstruktiv, dass sie in einem geschützten Rahmen offen ihre Meinungen sagen und kontrovers diskutieren konnten. Das geht weit über die Möglichkeiten des normalen Unterrichts hinaus. Die Lücke, die jetzt womöglich gerissen wird, kann im ohnehin stressigen Schulalltag nicht geschlossen werden.“

Die Diakonie in Brandenburg fordert das Land auf, sich in den Bund-Länder-Verhandlungen für den Erhalt des Präventionsprogramms einzusetzen oder kurzfristig eine alternative Finanzierung zu sichern. „Eine mögliche Ausweitung der Schulsozialarbeit kann die ‚Respekt Coaches‘ fachlich und inhaltlich nicht ersetzen“, so Direktorin Schön.