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Schuldspruch gegen Verleger Lai – “Todesstoß für Pressefreiheit”

Seit Ende 2020 sitzt Verleger Jimmy Lai in Haft. Im Gerichtssaal verfolgten seine Familie und sein Freund Kardinal Zen die Urteilsverkündung. Amnesty sieht einen Todesstoß für die Pressefreiheit in Hongkong.

Medienunternehmer Jimmy Lai ist in Hongkong wegen “Verschwörung zur Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften” sowie der Veröffentlichung “aufrührerischen Materials” schuldig gesprochen worden. Das Gerichtsurteil vom Montag fußt auf dem von China auferlegten Nationalen Sicherheitsgesetz.

Das könnte für den Katholiken, der vergangene Woche im Gefängnis 78 Jahre alt wurde, eine lebenslange Haftstrafe bedeuten. Das Strafmaß werde aber erst zu einem späteren Zeitpunkt verkündet, berichteten örtliche Medien. Im Gerichtssaal verfolgten Lais Frau Teresa, sein Sohn Lai Shun-yan und sein enger Freund Kardinal Joseph Zen die Urteilsverkündung. Amnesty International sieht in der Verurteilung Lais einen Todesstoß für die Pressefreiheit in Hongkong. Unabhängiger Journalismus werde dort nun als Straftat eingestuft.

Lai habe den Sturz der Kommunistischen Partei Chinas herbeiführen wollen, auf Kosten der Interessen der Bevölkerung Hongkongs und Chinas, zitierten Medien aus der 855 Seiten langen Begründung des Schuldspruchs. Der Verleger habe seine Zeitung “Apple Daily” genutzt, um seine politische Agenda zu verbreiten.

2019 habe Lai bei zwei Reisen nach Washington den damaligen US-Vizepräsidenten Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo getroffen, um deren Unterstützung gegen China und Hongkong zu gewinnen. Lai und seine inzwischen zwangsweise eingestellte Zeitung “Apple Daily” waren die Spitze der Demokratiebewegung in Hongkong.

“Das Urteil gegen Jimmy Lai war vorhersehbar – das macht es aber nicht weniger bestürzend”, erklärte die Amnesty-Generalsekretärin in Deutschland, Julia Duchrow; und: Die Handlungen, für die er verurteilt wurde, wären vor Inkrafttreten des Nationalen Sicherheitsgesetzes von 2020 niemals als Straftaten angesehen worden. Bei dem Urteil gehe es nicht nur um Jimmy Lai, sondern um eine “systematische Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Hongkong”.

Seit seiner Verhaftung im Dezember 2020 sitzt Lai wegen mehrerer Anklagen im Gefängnis. Dazu gehören eine 13-monatige Haftstrafe für das Anzünden einer Kerze und das Sprechen eines Gebets bei einer Mahnwache zum Gedenken an das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989. Für die Teilnahme an einem friedlichen Protest 2019 erhielt er weitere 14 Monate Haft. Zahlreiche westliche Politiker und Menschenrechtsorganisationen hatten sich wiederholt für eine Freilassung Lais eingesetzt.