Schüsse auf Gambier: Betroffenenberatung will lückenlose Aufklärung

Nach den tödlichen Schüssen von Polizisten auf den Gambier Lamin Touray am 30. März in Nienburg fordert nun auch die Betroffenenberatung Niedersachsen eine lückenlose Aufklärung des Falls. „Für uns ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum der Einsatz in Nienburg derart eskaliert ist und Lamin Touray sterben musste“, sagt Marie Kortmann von der Betroffenenberatung am Montag. Bereits wenige Tage nach dem Einsatz in Nienburg hatten der Flüchtlingsrat Niedersachsen und Vertreter der Grünen eine umfassende Aufarbeitung des Falles gefordert. Touray war bei dem Einsatz mit insgesamt 14 Polizeibeamten durch acht Schüsse getötet worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte am vergangenen Mittwoch Ermittlungsergebnisse zur Auswertung von Bodycam-Aufnahmen von Polizisten, die an dem Einsatz beteiligt waren, vorgelegt. Es sei aber „noch keine abschließende Bewertung eines strafrechtlich relevanten Verhaltens möglich“, hieß es damals. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte dem epd am Montag, bislang gebe es noch keine weitergehenden Erkenntnisse.

Den Aufnahmen war zu entnehmen, dass sich der 46-jährige Westafrikaner auf der Terrasse eines Mehrfamilienhauses befand und ein Messer in der Hand hielt. Er sei mehrfach aufgefordert worden, das Messer niederzulegen. Die „zunächst ruhige Lage“ habe sich „dynamisch“ entwickelt, hieß es.

Der Mann habe sich auf Beamte zubewegt und dabei auf einen Polizeihund und auch mehrfach in Richtung eines Polizisten eingestochen. Der Hund sei verletzt worden. Der Beamte habe die Stiche mithilfe eines Schildes abwehren können. Danach sei es zu den tödlichen Schüssen gekommen. Kortmann sagte dazu am Montag: „Wir stellen uns weiterhin die Frage, ob es nötig war acht Mal auf Lamin Touray zu schießen. Und ob 14 Beamten und Beamtinnen nicht in der Lage sein sollten, eine solche Situation anders zu entschärfen, zum Beispiel, indem eine psychologische Fachkraft hinzugezogen worden wäre.“

Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln nach dem Vorfall routinemäßig gegen alle beteiligten Beamten. „Wir würden uns wünschen, dass in solchen Fällen nicht Polizisten gegen Polizisten ermitteln, sondern eine unabhängige Stelle“, sagte Kortmann. Verfahren gegen Polizisten und Polizistinnen würden in mehr als 95 Prozent der Fälle eingestellt. Die Betroffenenberatung mit drei Regionalbüros ist eine Anlaufstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Niedersachsen.