Scholz und Habeck auf Katholikentag – Appelle zu globaler Solidarität

Auf dem Katholikentag in Erfurt hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor einer Ausweitung des Ukraine-Krieges gewarnt. „Wir müssen den großen Krieg vermeiden“, sagte Scholz am Freitag mit Blick auf eine mögliche militärische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Nato. Zugleich mahnte er zu einer weiterhin engen Abstimmung der Verbündeten bei der Unterstützung der Ukraine zur Verteidigung gegen Russland.

Auf die aktuelle Debatte, inwieweit aus Deutschland gelieferte Waffen künftig von der Ukraine auch auf russischem Gebiet eingesetzt werden dürfen, ging Scholz nicht ein. Indes betonte er den Umfang der deutschen Unterstützung durch die Lieferung von Waffen im Wert von 28 Milliarden Euro und warf Russland vor, einen Eroberungskrieg zu führen. In diesem habe die Ukraine das Recht, sich zu verteidigen.

Die rund einstündige Katholikentagsveranstaltung mit dem Kanzler war kurz vor der Hälfte für einige Minuten unterbrochen worden, nachdem massive Zwischenrufe Scholz immer wieder am Ausreden gehindert hatten. Die Protestierenden forderten von ihm mehr Einsatz für den Klimaschutz.

Nach Angaben des Katholikentages ging die Störung von mehreren Personen der „Letzten Generation“ aus. Die Bereitschaft von Scholz, auf den Protest zu reagieren, habe nicht zur Deeskalation geführt. Deshalb hätten die Störerinnen und Störer den Saal verlassen müssen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) räumte auf einem Podium des Katholikentages Defizite bei der sozialökonomischen Transformation in Deutschland ein. Es brauche mehr Gerechtigkeit und eine Einbeziehung größerer Teile der Bevölkerung in die Debatten, sagte der Vizekanzler in Erfurt. Zwar sei im Kampf gegen den Klimawandel zuletzt viel erreicht worden. Insgesamt aber müsse die Transformation beschleunigt werden.

Hier komme den Kirchen eine bedeutende Rolle zu. Kirchen arbeiteten mit vielen anderen Institutionen daran, dass sich Deutschland und die Menschheit eine Zukunftsvision erhalten könnten. „Sie vermitteln ein Ziel und eine Hoffnung, auf die wir hinarbeiten müssen“, sagte Habeck.

Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des katholischen Entwicklungshilfswerk Misereor, forderte mehr globale Solidarität. Es könne nicht angehen, dass es zwischen dem Globalen Süden und den Ländern im Norden eine Abstufung in der Menschenwürde gebe, sagte Spiegel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zurzeit stellten einzelne Länder zunehmend ihre eigenen Interessen nach vorn. Doch die großen Herausforderungen wie Klimagerechtigkeit oder soziale Ungleichheit könnten nur durch internationale Zusammenarbeit gelöst werden.

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, prangerte auf dem Katholikentag die weltweite Gewalt gegen Frauen an. „Keine Toleranz dafür, dass die Würde von so vielen Menschen, von so vielen Frauen in so vielen Ländern dieser Erde mit Füßen getreten wird“, sagte die Hamburger Bischöfin im Erfurter Dom in einem ökumenischen Frauengottesdienst. Man dürfe sich nicht abfinden mit gewalttätigen Despoten, mit Machtmissbrauch und Diskriminierung.

Ein besonderes Kapitel sei die vor allem sexualisierte Gewalt, Frauen in Kriegen erlitten, fügte Fehrs hinzu: „Soldaten oder bewaffnete Milizen nutzen ihre Macht und den Zusammenbruch rechtsstaatlicher Kontrolle aus, um auf grausamste Weise Frauen in ihrer Integrität zu zerstören. Strafverfolgung müssen sie ja nicht fürchten.“

Der fünftägige 103. Deutsche Katholikentag in Erfurt endet am Sonntag. Das Christentreffen steht unter dem biblischen Leitwort „Zukunft hat der Mensch des Friedens“. An den 500 Veranstaltungen wollen rund 20.000 Menschen teilnehmen. Alle zwei Jahre veranstaltet das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) einen Katholikentag, jeweils in einem anderen Bistum.