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Schlager-Pastor zum ESC: Gut, dass Israel bleibt

In seiner Hamburger Gemeinde hat Pastor Matthias Liberman Schlagergottesdienste gefeiert. Dass Israel beim ESC bleiben darf, findet er richtig und kritisiert “Kollektivhaftung”.

Pastor Matthias Liberman feierte in Hamburg regelmäßig Schlagergottesdienste (Archiv)
Pastor Matthias Liberman feierte in Hamburg regelmäßig Schlagergottesdienste (Archiv)Hagen Grützmacher

Die Entscheidung ist gefallen: Israel darf auch im kommenden Jahr am Eurovision Song Contest (ESC) teilnehmen. Die Mitglieder der Europäischen Rundfunkunion (EBU) haben mehrheitlich für eine neue Regel gestimmt, dass alle Mitgliedsstaaten auf Wunsch am Wettbewerb teilnehmen können und keine separate Abstimmung mehr über Teilnehmer notwendig ist. Das sei genau die richtige Entscheidung, sagt Pastor Matthias Liberman, der Musik-Fan ist und in seiner Hamburger Gemeinde schon mehrere Schlagergottesdienste gefeiert hat.

Grund für den Streit um die Teilnahme Israels waren die Kampfhandlungen des israelischen Militärs im Gazastreifen. Mehrere Länder – unter ihnen Spanien, Irland und Holland – kündigen bereits einen Boykott des ESC im kommenden Mai in Wien an. Pastor Liberman kann das nicht nachvollziehen. Der Musik-Wettbewerb wolle ja bewusst unpolitisch sein und habe seit mehreren Jahren das Motto „United by Music“, also „Vereint durch Musik“ – „und eben nicht durch irgendetwas anderes“, kritisiert der Theologe, der seit ein paar Monaten als Pastor im schweizerischen Luzern arbeitet.

Pastor Liberman: ESC wird politisiert

Darüber hinaus kritisiert der Geistliche, dass israelische und jüdische Künstlerinnen und Künstler „zunehmend in eine Kollektivhaftung“ genommen würden und Cancel-Culture erlebten. „Ich habe noch nicht gehört, dass ein deutscher nicht-jüdischer Dirigent sich öffentlich zur AfD und seiner Haltung zu ihr erklären müsste, um irgendwo dirigieren zu dürfen“, sagt Matthias Liberman. Auch vor diesem Hintergrund finde er es tragisch, wenn jetzt einige Länder ihren Ausstieg ankündigen und so den ESC politisierten.

Die Sängerin Yuval Raphael holte in diesem Jahr für Israel den zweiten Platz beim ESC
Die Sängerin Yuval Raphael holte in diesem Jahr für Israel den zweiten Platz beim ESCImago / Mandoga-Media

Erstaunt äußert sich Liberman darüber, wie die Politik Israels die Welt auf den Plan rufe. Es gehe den Zivilisten im Gazastreifen immer noch sehr schlecht, aber er frage sich auch, wo denn die Demonstrationen für die Menschen im Sudan oder in Nordkorea seien. Auch Proteste für die Opposition in Russland oder für die Demokratie in den USA vermisst der Pastor.

Die Schlagergottesdienste hat Matthias Liberman vor sieben Jahren in Hamburg-Winterhude gegründet. Am Vorabend des Schlagermove feierte er mit seiner Gemeinde eine bunte Feier. Gesungen wurden keine Kirchenlieder, sondern ausschließlich Schlager. Zum Kyrie erklang „Merci“ von Udo Jürgens und zum „Gloria“ gab es „Wunder gibt es immer wieder“ von Katja Ebstein. Die Idee entstand aus einer Sektlaune heraus, wie Liberman damals sagte.