Russisch-orthodoxe Auslandskirche bezieht Schloss in Schwaben

Die deutsche Diözese der russischen orthodoxen Kirche im Ausland will ein Zentrum in der bayerisch-schwäbischen Provinz gründen. Was die Gründe dafür sind und wie es um die Beziehungen zu Moskau steht.

Religiöser Zuwachs beim überregional bekannten katholischen Pilgerort Maria Vesperbild in Bayerisch-Schwaben: In direkter Nachbarschaft will sich die deutsche Diözese der russischen orthodoxen Kirche im Ausland ansiedeln. Die in München ansässige Diözese samt dem zugehörigen Mönchskloster des heiligen Hiob hat nach eigenen Angaben Schloss Seyfriedsberg von einer Privatgesellschaft gekauft. Das im Ursprung rund 800 Jahre alte Schloss steht knapp einen Kilometer von Maria Vesperbild entfernt. Beide Orte gehören zur Gemeinde Ziemetshausen im Landkreis Günzburg.

München soll Sitz der Diözese bleiben und das Schloss zum neuen Klosterort und zur neuen Residenz des Diözesanoberhaupts umgebaut werden, also von Metropolit Mark Arndt, Erzbischof von Berlin und Deutschland. Das teilte der Vikarbischof der Diözese, Bischof Hiob Bandmann von Stuttgart, auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Geplant sei ein religiöses Zentrum unter anderem aus Priesterseminar, Kerzenzieherei und Klosterladen. Bis zum Umzug werde es allerdings wohl einige Jahre dauern. Noch stecke man in der Planungsphase, so der Bischof. Zum Kaufpreis machte er keine Angaben.

Seit mehr als 15 Jahren habe die aktuell aus neun Männern bestehende Klostergemeinschaft nach einem neuen Ort für sich gesucht, ergänzte der Bischof. Denn ein Kloster solle ein Ort von Stille und Einkehr sein. Doch die Umgebung des aktuellen Sitzes im Münchner Stadtteil Obermenzing sei laut und aggressiv, die lokalen Behörden seien gegenüber notwendigen Sanierungs- und Umbauvorhaben verschlossen und die rechtliche Unsicherheit als Mieter werde immer prekärer.

Die russische orthodoxe Kirche im Ausland spaltete sich nach der Oktoberrevolution von der Mutterkirche ab. Die deutsche Diözese besteht seit 1920. 2007 kam es zur Wiedervereinigung von Auslands- und Mutterkirche. Damals wurde die Auslandskirche laut Bandmann als selbstverwaltender Teil der russischen Kirche, also als autonome Kirche, mit dem Moskauer Patriarchat verbunden. Demnach gibt es eine kanonische Einheit, aber keine administrative. Man sei finanziell unabhängig. “Auch wenn Patriarch Kyrill von Moskau unser kanonisches Oberhaupt ist, hat er keine Weisungsbefugnis und kann sich nicht direkt in die inneren Angelegenheiten unserer Kirche einmischen.”

Der Bischof betonte, seine Diözese betätige sich rein kirchlich. “Wir sind weder politische Akteure noch Agenten Russlands.”

Weiter sagte Bandmann, man setze auf Schloss Seyfriedsberg auf gute Nachbarschaft zum Pilgerort Maria Vesperbild und zum dafür zuständigen Bistum Augsburg. Letzteres erklärte, Bischof Bertram Meier sei zur jüngst erfolgten Schlüsselübergabe im Schloss eingeladen gewesen, habe aber aus Termin-Gründen nicht kommen können. “Darüber hinaus enthält sich die Diözese Augsburg einer politischen Bewertung. Wenn Menschen guten Willens einander begegnen, ist eine konfliktfreie Koexistenz immer vorstellbar.”

Aus Maria Vesperbild teilte Wallfahrtsdirektor Michael Menzinger mit, er stehe seit Längerem mit Bischof Bandmann in gutem Kontakt. “Mit der russisch-orthodoxen Teilkirche verbindet uns eine tiefe Verehrung der Gottesmutter Maria, der Schutz der Familie und der Schutz des ungeborenen Lebens, um nur drei Bereiche zu nennen.” Menzinger ergänzte: “Was das Verhältnis von Staat und Kirche angeht, scheint es in Moskau allerdings eine spezielle Verbindung zu geben. Ob sich die russisch-orthodoxe Teilkirche in Seyfriedsberg politisch oder staatlich positionieren wird, zeigt sicherlich die Zukunft.”