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Rückwirkend haftbar?

Zwei Petitionen sollen Menschen, die für Flüchtlinge gebürgt haben, vor Rückforderungen schützen

BIELEFELD – Mit zwei Petitionen  setzen sich der Mindener Verein „Für Demokratie und Vielfalt“, das Welthaus sowie der Evangelische Kirchenkreis Minden für Menschen ein, die für Flüchtlinge gebürgt haben und nun mit hohen Rückforderungen durch die Sozialbehörden konfrontiert werden (UK 25/2017, Seite 5). Eine Petition richtet sich an den Landtag von Nordrhein-Westfalen, die andere Petition an den Deutschen Bundestag.
In dem Schreiben vom 29. August wird der Landtag gebeten,  über den Bundesrat eine Änderung des Integrationsgesetzes zu initiieren. Dieses Gesetz sieht für Verpflichtungserklärungen, die vor dem 6. August 2016 abgegeben wurden, einen Verpflichtungszeitraum von drei Jahren vor. Ziel der Petition ist es zu erreichen, dass die Geltungsdauer der Verpflichtungserklärungen aber bereits vorher, das heißt mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach erfolgreichem Asylverfahren, endet.
Eine entsprechende Bitte richten der Mindener Verein „Für Demokratie und Vielfalt“, das Welthaus sowie der Evangelische Kirchenkreis Minden auch an den Deutschen Bundestag. Er möge, so heißt es, ebenfalls am 29. August, „eine Änderung des Inte­grationsgesetzes beschließen, welches für vor dem 6. August 2016 abgegebene Verpflichtungserklärungen einen Verpflichtungszeitraum von drei Jahren vorsieht“.  Ferner wird der Bundestag gebeten zu beschließen, dass die Geltungsdauer der Verpflichtungserklärungen mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach erfolgreichem Asylverfahren endet.
An beide Parlamente geht die Bitte, bis zu einer erneuten Klärung der Sachlage den Vollzug der Rückforderung an die Bürgen auszusetzen.
Hintergrund der beiden Petitionen ist die Tatsache, dass Menschen, die vor etwa drei Jahren für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak gebürgt hatten, um ihnen einen Weg ins sichere Deutschland zu ebnen, davon ausgegangen waren, die Kosten für die Flüchtlinge nur bis zum Zeitpunkt eines Asylbescheids tragen zu müssen. Ende Januar dieses Jahres aber hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass bei Verpflichtungen, die vor dem 6. August 2016 eingegangen wurden, die Bürgschaftspflicht drei Jahre beträgt, bei später eingegangenen Verpflichtungen sogar fünf Jahre. Das hat zur Folge, dass etlichen Bürgen mittlerweile Rückforderungen der Jobcenter in fünfstelliger Höhe ins Haus flattern.
Zur Begründung ihrer Petitionen verweisen die Verfasser darauf, dass die durch das Integrationsgesetz eingeführte rückwirkende Haftungsgrenze von drei Jahren eine Tatsache geschaffen habe, von der bei der Unterschrift niemand ausgegangen sei. Die Festlegung einer dreijährigen Verpflichtung, für die Sozialleistungen aufzukommen, die Menschen mit einem Aufenthaltstitel zustehen, privatisiere das verfassungsrechtlich verbürgte Recht, mit einem Aufenthaltstitel auch staatliche Leistungen in Anspruch nehmen zu dürfen. hei