Rudelsingen in der Martinikirche Melle-Buer

Schlager und Popsongs erklingen in der Kirche von Sievershagen bei Hannover: beim Rudelsingen. Eine Band spielt, die Texte erscheinen auf einer Leinwand, und das Publikum? Singt mit!

Gute Stimmung und ein Gefühl von Gemeinschaft beim Rudelsingen.
Gute Stimmung und ein Gefühl von Gemeinschaft beim Rudelsingen.Rudelsingen GmbH/Joachim Pantel

„1. Rudelsingen in Sievershausen. Live. Hits von A-Z. Alle singen mit!“ So steht es in großen Buchstaben auf Plakaten, die derzeit an vielen Stellen in Lehrte und Umgebung aushängen. Sie machen Werbung für das Rudelsingen im Lehrter Ortsteil Sievershausen – offenbar erfolgreich: Alle 250 Karten für die Premiere in der St.-Martins-Kirche am 22. März sind schon verkauft – aber im April wird das „Rudelsingen“ in Melle wiederholt.

Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine besondere Musikveranstaltung: Bekannte deutsche und internationale Schlager- und Poptitel aus den vergangenen Jahrzehnten werden von zwei Musikern auf der Bühne gespielt, während im Hintergrund auf einer großen Leinwand der Text zu sehen ist. Das Publikum singt aus voller Kehle mit. Mitunter wird dazu auch getanzt.

Erstmals Rudelsingen in Münster

Erstmals hat David Rauterberg 2011 in Münster so ein Rudelsingen veranstaltet, seitdem findet es regelmäßig mehrmals im Jahr in vielen größeren Städten statt. Monatlich erreichen Rauterberg und seine Teams damit bundesweit mehr als 10 000 Menschen.

„Anfangs kamen vor allem Frauen ab 40, manche brachten ihren Mann mit. Heute ist das Publikum bunt gemischt – manchmal erscheinen drei Generationen aus einer Familie“, sagt Rauterberg. Während der Pandemie fiel das Rudelsingen aus, ein digitales Ersatzangebot am Computer fand wenig Resonanz. Seit Anfang dieses Jahres sind fast alle Veranstaltungen ausverkauft – der Wunsch nach einem Live-Erlebnis und gemeinsamem Singen ist offenbar groß.

Programm besteht zur Hälfte aus deutschsprachigen Titeln

Rauterberg beobachtet beim Publikum deutliche Veränderungen gegenüber der Vor-Corona-Zeit: „Bei uns gibt es immer drei Blöcke mit zwei Pausen dazwischen und insgesamt 24 Titeln. Früher hat es länger gedauert, bis die Leute richtig mitsingen. Heute halten sie sich anfangs nicht mehr zurück und sind dafür am Ende eher kaputt.“ Vielleicht will er deswegen künftig das Programm verkürzen.

Das besteht zur Hälfte aus deutschsprachigen Titeln. Vor einer Veranstaltung kann man Wünsche äußern. „Ein Lied muss singbar sein, und zwar nicht nur der Refrain, sondern auch die einzelnen Strophen“, erklärt Rauterberg. „Außerdem spielen wir weder Ballermannhits noch Titel von Helene Fischer oder Andrea Berg. Ihre Musik spaltet das Publikum – ein Drittel findet sie toll, ein Drittel geht.“

„Born to be wild“ schallt durchs Gotteshaus

Die Aktion in Sievershausen fällt aus dem Rahmen. Es ist keine Stadt, sondern eine 2500-Einwohner-Gemeinde. Zudem findet das Rudelsingen nicht wie sonst in einem Kulturzentrum oder einem Musikclub statt, sondern in einer Kirche.

In dem mehr als 1000 Jahre alten Gotteshaus ist schon so manches Lied erklungen – „Tage wie diese“ von den Toten Hosen oder „Born to be wild“ von Steppenwolf dürften eher nicht dabei gewesen sein. Vielleicht aber „Hallelujah“ von Leonard Cohen, das ebenfalls beim Rudelsingen in Sievershausen erklingt.

Eintrittsgeld für kirchliche Stiftung „Frieden ist ein Menschenrecht“

„Unsere Kirche ist hier der größte Versammlungsraum, deswegen war es für uns keine Frage, dass wir sie für das Rudelsingen zur Verfügung stellen. Es dient ja auch dem guten Zweck“, sagt Pastor Thorsten Leißer. Damit meint er, dass vom Eintritt in Höhe von 18 Euro drei Euro der kirchlichen Stiftung „Frieden ist ein Menschenrecht“ zugutekommen.

Diese Stiftung unterstützt die Friedensarbeit mit dem Antikriegshaus in Sievershausen, das von Pastor Klaus Rauterberg (1930-2006) gegründet wurde, dem Vater von David Rauterberg. Sievershausen war das erste Nagelkreuzzentrum in Niedersachsen und eines von 160 weltweit. Sie alle erinnern an die Kathedrale von Coventry, die durch deutsche Luftangriffe 1940 zerstört wurde. Ein Zeichen der Versöhnung und des Friedens – wie das Singen.

Am 25. April um 19 Uhr findet das Rudelsingen in der Martinikirche Melle-Buer statt.