RTL Deutschland will im Zuge einer Neuausrichtung 600 Stellen abbauen. Das Medienunternehmen werde sich stärker auf das Streaming-Geschäft konzentrieren und seine Organisation dazu umbauen, kündigte RTL am Dienstag in Köln an. Ziel sei es, sich „zukunftssicher aufzustellen und auf den Wettbewerb mit den großen US-amerikanischen Streamingdiensten auszurichten“.
Im Zuge der Fokussierung auf das Streaming-Geschäft würden rund 600 Stellen an allen Standorten von RTL Deutschland abgebaut, hieß es in der Unternehmensmitteilung. Nach epd-Informationen sollen die Betroffenen Anfang Januar informiert werden. „Diese Maßnahmen werden so sozialverträglich wie möglich im Rahmen eines speziellen Abfindungsprogramms und mit Altersteilzeitregelungen umgesetzt.“ Auch die Betriebsräte seien eingebunden. Die Maßnahmen seien „tiefgreifend, aber zwingend notwendig“, sagte RTL-Deutschland-Geschäftsführer Stephan Schmitter. Damit solle die Position des Unternehmens angesichts struktureller und konjunktureller Herausforderungen nachhaltig gestärkt werden.
Seit 2019 seien die Werbeumsätze im linearen Fernsehen in Deutschland um mehr als 20 Prozent gesunken, erklärte das Unternehmen. RTL habe in der Zeit den Streamingdienst RTL+ ausgebaut. Mit 6,6 Millionen Nutzerinnen und Nutzern Ende September rechne man damit, dass das Angebot im Geschäftsjahr 2026 profitabel werde. Dieses Wachstum und die geplante Übernahme von Sky sei Basis für den künftigen Erfolg des Medienhauses.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigte sich schockiert über die geplanten Stellenstreichungen. „Das ist eine Katastrophe für die Kolleginnen und Kollegen bei RTL und ihren Töchtern“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster. Es stehe zu befürchten, dass die journalistische Qualität Schaden nehme. Es dürfte für die Redaktionen mindestens schwierig werden, das jetzige Niveau mit noch weniger Personal zu halten.
Als „Lichtblick“ wertet der DJV-Vorsitzende die Konditionen für die RTL-Beschäftigten, die die Arbeitnehmervertreter mit der Geschäftsführung verhandelt haben. Der bestehende Sozialplan soll erheblich ausgebaut werden. In Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sollen freiwillig ausscheidende Mitarbeitende einen Bonus von bis zu 50.000 Euro erhalten. Außerdem ist der Wechsel in eine aktive Transfergesellschaft für bis zu einem Jahr möglich. Für Beschäftigte über 55 Jahren wird es eine sogenannte Rentenbrücke geben.
Besonders betroffen vom Abbau ist nach Gewerkschaftsinformationen der Standort Köln. Dort treffe es die Beschäftigten in einer Situation, in der sie bereits seit Jahren eine hohe Zahl unbesetzter Stellen durch viele Überstunden ausgeglichen hätten, sagte Andrea Hansen, DJV-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen. „Das ist ein schwerer Schlag für den Medienstandort NRW und die Medienstadt Köln.“
Nach Auffassung des DJV-NRW ist nun auch die Politik gefragt. „Sie muss nach ungezählten Sonntagsreden für die Pressefreiheit nun endlich Taten folgen lassen, um den Journalismus massiv zu stützen“, forderte Hansen. Erst jüngst habe die Bundesregierung die Förderung von Journalismus und die Senkung der Mehrwertsteuer von ihrer Agenda genommen. „Wir stehen als DJV-NRW an der Seite der Landesregierung von NRW, die bis zuletzt für eine öffentliche Unterstützung und Mehrwertsteuersenkung eingetreten ist“, sagte Hansen.
Zu RTL Deutschland mit Sitz in Köln gehören 15 TV-Sender, diverse Magazine sowie zahlreiche Podcasts und Digitalangebote. Insgesamt beschäftigt RTL Deutschland nach eigener Darstellung 7.500 Personen, davon 1.700 Journalisten und Journalistinnen. Das Medienunternehmen will den Bezahlsender Sky Deutschland übernehmen. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hat bereits zugestimmt, die Prüfung durch die EU-Kommission ist noch nicht abgeschlossen.