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Römischer Grabstein von Goethes einzigem Kind restauriert

Er starb am Sehnsuchtsort seines Vaters: Goethes Sohn August. Sein Grabstein in Rom sorgt bis heute für Verwunderung. Am 195. Todestag wurde er offiziell erneuert – aber anders als von vielen erwartet.

Als Sprössling einer Berühmtheit aufzuwachsen, kann eine Bürde sein. Gemessen daran, ereilte August von Goethe, dem einzigen Sohn des Dichterfürsten, qua Geburt die Höchststrafe. In seinen knapp 40 Lebensjahren stand er immer im Schatten seines übermächtigen Vaters – bis in den Tod hinein.

Davon zeugt auch sein Grabstein in Rom: “GOETHE FILIUS PATRI ANTEVERTENS OBIIT ANNOR XL MDCCCXXX (“Goethe der Sohn, dem Vater vorausgehend, starb 40-jährig 1830”), steht da in großen Buchstaben auf Latein. Der Vorname des Verstorbenen bleibt unerwähnt. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) selbst hatte die Inschrift für das Grab seines einzigen Kindes festgelegt.

Nun wurde dieser Grabstein auf dem römischen Friedhof für Nicht-Katholiken – dem Cimitero degli Acattolici neben der Cestius-Pyramide – erneuert. Die Annahme, man werde dem Goethe-Filius genau 195 Jahre nach seinem Tod eine späte Wiedergutmachung gewähren, indem man seinen Vornamen ergänzt, erweist sich rasch als irrig, weil unhistorisch.

Vielmehr wurde das Bronzerelief, dessen Vorlage der dänische Künstler Bertel Thorvaldsen (1770-1844) geschaffen hatte, durch eine Marmorkopie ersetzt. Denn die Bronze hatte Grünspan gebildet und den Grabstein mit einem grünen Streifen verunziert.

Initiiert und finanziert wurde die Restaurierung vornehmlich vom Freundeskreis des Goethe-Nationalmuseums in Weimar. Dessen Vorsitzender Dieter Höhnl zeigte sich bei dem Festakt am Montag, Augusts 195. Todestag, hochzufrieden mit dem Ergebnis. Die Marmorkopie schuf der Künstler Alessandro De Tommasi. Die Kosten, die sich laut Höhnl auf eine mittlere fünfstellige Summe belaufen, wurden durch Spenden des Freundeskreises bestritten.

Es ist bereits das zweite Mal, dass Thorvaldsens Medaillon erneuert wurde, das er ursprünglich aus Marmor geschaffen hatte. 1960 wurde das Kunstwerk aus konservatorischen Gründen durch jene Bronzekopie ersetzt, die nun wiederum weichen musste.

Das Original des Marmormedaillons von Thorvaldsen befindet sich seit den 1960er Jahren in der Deutschen Botschaft bei der Republik Italien in Rom; dort ist es im Außenbereich der Villa Almone eingemauert – praktisch unsichtbar für die Öffentlichkeit.

Seit geraumer Zeit werden aber Stimmen laut, die das Kunstwerk öffentlich ausgestellt sehen möchten. Das Porträt, auf dem es basiert, entstand wenige Tage vor Augusts plötzlichen Tod auf seiner Italienreise: Es zeigt den unglücklich verheirateten, vermutlich alkoholkranken und beruflich wenig erfolgreichen jungen Mann im Profil und in sehr positiver Erscheinung: mit erhobenem Haupt und weit geöffneten Augen – offenbar fasziniert von den Herrlichkeiten Roms.

Höhnl fände es nur folgerichtig, wenn das Original im Goethe-Nationalmuseum in Weimar ausgestellt würde, sagte er. Aber auch im Museum Casa di Goethe an der Via del Corso 18, wo Vater Goethe während seiner eigenen Italienischen Reise zwischen 1786 und 1788 lebte, wäre das Kunstwerk laut Höhnl gut und würdig aufgehoben. Die Casa di Goethe selbst würde das Relief gerne in ihre Ausstellung rund um den Dichterfürsten aufnehmen. Claudia Nordhoff, Kunsthistorikerin am einzigen deutschen Museum im Ausland, würdigte bei dem Festakt am Montag die Restaurierung mit einem kurzen Vortrag.

Als Vertreterin der Deutschen Botschaft sprach Sophie von Hatzfeld ein Grußwort. Mit der Umsiedlung des Kunstwerks aus der Villa Almone ins römische Goethe-Haus bestünde die Gefahr, dass Goethes Sohn wiederum vom Vater vereinnahmt werde, meinte die Diplomatin vorsichtig. Zur Debatte stehe auch eine Präsentation im deutschen Konsulat, wo das Kunstwerk von vielen Menschen gesehen werde.

August von Goethe, einziges Kind des deutschen Nationaldichters und seiner Frau Christiane Vulpius (1765-1816), ficht all das nicht mehr an. Auch ist er schon dort begraben, wo sein Vater selbst gern bestattet worden wäre, wie er in seiner siebten Römischen Elegie schrieb. Die künstlerische Wiedervereinigung von Vater und Sohn in der Casa di Goethe hätte sicher museale Strahlkraft.