Tiktok und Co. können für Minderjährige gefährlich werden – zum Beispiel, wenn Erwachsene die Plattformen gezielt zur Kontaktanbahnung nutzen. Ein Psychiater erklärt, was Eltern und Vertrauenspersonen wissen sollten.
Endlich einen Kita-Platz ergattert – viele Eltern scheuen nach der Suche offenbar die Frage nach Schutzkonzepten. Solche Standards einzufordern, sei jedoch “ein Schritt zu aktiver Elternschaft”, sagte der Kinder- und Jugendpsychiater Jörg Fegert im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er ist Mitglied im Fachbeirat der Unabhängigen Beauftragen zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, sowie im Lenkungsgremium des Center for Child Protection der päpstlichen Universität Gregoriana.
Vielen Eltern sei nicht bewusst, dass Kinder sich nach Übergriffen oft nicht direkt an sie wendeten, “sondern vielleicht an ein befreundetes Kind oder dessen Mutter, eine andere Vertrauensperson”. Diese Erwachsenen könnten sich an das Hilfe-Telefon der UBSKM wenden. Zudem riet Fegert zu Offenheit, wenn ein junger Mensch um Hilfe bitte.
Ein Forschungsprojekt der Universität Ulm, wo Fegert ärtzlicher Direktor der kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik ist, analysiert derzeit Datenspenden von Jugendlichen. Die Teilnehmenden “lassen uns ihr Handy spiegeln” – so könne das Team um die Psychotherapeutin Ann-Christin Haag erkennen, wie die jungen Menschen etwa auf Tiktok handelten und sprächen.
Der Mediziner beschrieb es als schockierend, dass oft schon die Profilbilder erahnen ließen, welche Menschen sexualisierte Gewalt erfahren hätten und welche nicht. “Nonverbal wird auf den Plattformen etwas signalisiert, das zu erneuter Gefährdung führt”, warnte er. Dies könnten pädophile Täter genauso erkennen wie die Forschenden. “Zwei Drittel derjenigen, die in ihrer Familie missbraucht wurden, berichten auch über Missbrauch im Internet. Wir haben also neue Gefahrenkonstellationen”.
Dabei gehe es nicht um besonders freizügige Darstellungen, betonte der Experte. “Dieses Klischee hat man schnell im Kopf, aber es greift zu kurz.” Betroffene Jungen und Mädchen suchten etwa verstärkt nach pornografischen Inhalten. Die Risiken bei eigenen Nacktbildern seien jungen Menschen wiederum bekannt, aber: “Sie machen es trotzdem, weil sie verliebt sind.”