Ringen um Kindergrundsicherung – Berater fordern Automatisierung

In Sachen Kindergrundsicherung trägt die Ampel wieder einmal Streit in die Öffentlichkeit. Ein Bündnis fordert derweil einen „vollumfänglichen Systemwandel“ – und auch Regierungsberater werden grundsätzlich.

Während Grüne und FDP sich ein öffentliches Tauziehen um die geplante Kindergrundsicherung liefern, drängen Experten auf grundlegende Änderungen. Derweil geht die SPD von einer zeitlichen Verzögerung bei der eigentlich ab 2025 geplanten Einführung der neuen gebündelten Sozialleistung aus.

Mit der ab dem kommenden Jahr geplanten Kindergrundsicherung sollen Leistungen für Familien wie Kindergeld und Kinderzuschlag zusammengefasst werden. Derzeit befindet sich der im September vom Kabinett auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren.

Die Grünen zeigten sich trotz deutlicher Kritik der FDP weiter optimistisch, dass die Reform umgesetzt wird. „Alle Koalitionspartner haben sich zur Kindergrundsicherung bekannt, die Kindergrundsicherung wird kommen“, sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch dem Nachrichtenportal t-online (Dienstag). „Der Gesetzentwurf wurde auf der Basis des Koalitionsvertrages gemeinsam von Kanzler Scholz, Finanzminister Lindner und Familienministerin Paus ausgearbeitet und im Kabinett verabschiedet“, betonte der Grünen-Politiker.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Sönke Rix sagte, die Sozialdemokraten gingen davon aus, dass die komplette Kindergrundsicherung nicht bis Mitte 2025 eingeführt werden könne. „Die Verhandlungen laufen und brauchen ihre Zeit. Wir sollten nichts übers Knie brechen“, so Rix zur „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Die SPD hat sich für eine schrittweise Einführung ausgesprochen, wobei jede Stufe bereits jetzt im Gesetz verbindlich geregelt werden soll.

Die FDP hatte zuletzt den Sinn weiterer Verhandlungen über das Vorhaben infrage gestellt. Sie kritisiert besonders die geplanten 5.000 neuen Arbeitsstellen für die Verwaltung der Kindergrundsicherung. Laut Gesetzentwurf sollen die Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit zum Familienservice ausgebaut werden.

FDP-Fraktionsvize Gyde Jensen warf Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Politik-Newsletter Table.Media (Dienstag) ein „fragwürdiges Verständnis von einer Bringschuld des Staates in der Sozialpolitik“ vor. Paus hatte zuvor gesagt, man wolle mit den 5.000 Stellen „von der Holschuld der Bürger zur Bringschuld des Staates kommen“.

Unterstützung kam vom Bündnis Kindergrundsicherung. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK und Sprecherin des Bündnisses, Verena Bentele, verwies darauf, dass Familien mit wenig Einkommen sich aktuell an bis zu vier Behörden wenden müssten, um ihre Kinder finanziell abzusichern. Es sei „kein Wunder, dass Familien teilweise bewusst auf die oft kleinteiligen Unterstützungsleistungen verzichten, um nicht von der Bürokratielast erdrückt zu werden“. Daher fordere man „einen vollumfänglichen Systemwandel“.

Der Nationale Normenkontrollrat forderte mehr Digitalisierung und Automatisierung: Würden Verwaltungsvorgänge „konsequenter gebündelt und automatisiert, könnte der Aufwand deutlich reduziert werden“, sagte der Vorsitzende des Beratungsgremiums der Bundesregierung, Lutz Goebel, den Zeitungen der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“ (Mittwoch). „Die bisherigen Pläne zur Kindergrundsicherung beinhalten de facto keine Ansätze für strukturelle Vereinfachungen und echte Digitalisierung“, so der Bürokratieexperte. Den größten Einspareffekt sieht das Gremium demnach in einer „besseren Datenverarbeitung und Automatisierung beziehungsweise Teilautomatisierung von Vorgängen“.