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Rheinischer Präses: Armut ist Schande für unsere Gesellschaft

Der rheinische Präses Thorsten Latzel hat mit Blick auf den Martinstag am 11. November nachdrücklich zur Auseinandersetzung mit dem Thema Armut aufgerufen. „Armut ist kein individuelles Versagen, sondern eine Schande für unsere Gesellschaft“, schreibt Latzel in seinem am Freitag in Düsseldorf veröffentlichten Martinswort. Wenn das Martinsfest mehr sein solle als „frommes Brauchtum“ mit Laternenumzug und Gänsebraten, dann müsse man wie der heilige Martin die Sache der Armen zur eigenen machen.

„Martin von Tours wusste, dass sein halber Mantel die Armut des Bettlers nicht beseitigt“, betonte der leitende Geistliche der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Aber er hat sich von seiner Not berühren und verändern lassen.“ Das sei auch ein Auftrag an alle Christinnen und Christen, schreibt der Präses: „Das fängt dabei an, wie ich mit bedürftigen Menschen am Bahnhof oder in der Einkaufsstraße umgehe – wahrnehmen, nachfragen, etwas geben, sie als Menschen mit Würde behandeln.“ Das zeige sich weiter darin, wie man über Armut spreche. „Arme sind keine Aussätzigen oder Aliens. Armsein ist kein Schicksal, das sich nicht ändern ließe oder mich nichts anginge.“

Armut habe viele Gesichter, heißt es in dem Martinswort weiter. Latzel verwies auf Kinderarmut, Familienarmut oder Altersarmut. Statt diese Probleme effektiv anzugehen und über ungleiche Vermögensverteilung, Kindergrundsicherung und Armutsprävention zu sprechen, würden „verzerrte Diskussionen“ über den Missbrauch von Sozialleistungen geführt, kritisierte der Präses. Dabei sei es wichtig, Menschen dabei zu unterstützen, aus prekären Bedingungen herauszukommen. „Essen, Bildung, Wohnung, Kleidung, Teilhabe – all das gilt es heute wie Martin zu teilen. Nicht als Almosen, sondern als persönliches Anrecht.“

Der Martinstag erinnert an Bischof Martin von Tours (um 316-397), der Kranke geheilt haben soll und als Wohltäter gilt. Der Legende nach teilte der heilige Martin als junger römischer Soldat seinen Mantel mit einem frierenden Bettler. Um den 11. November jedes Jahres laden Gemeinden, Kindergärten und Schulen in Erinnerung daran zum Laternenumzug ein.