Remarque-Preis: Ukrainischer Zeichner sagt Ehrung mit russischer Autorin ab

Der Versuch der Jury, mit ihren Auszeichnungen ein „Zeichen der Hoffnung“ zu setzen, ist missglückt. Der Ukrainer Sergiy Maidukov lehnt ab, mit der Russin Ljudmila Ulitzkaja auf einer Bühne zu stehen.

Schriftstellerin Lyudmila Ulitskaya bei einer politischen Demo in Moskau
Schriftstellerin Lyudmila Ulitskaya bei einer politischen Demo in MoskauImago / ITAR-TASS

Die russische Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja (80) und der ukrainische Zeichner Sergiy Maidukov (42) erhalten den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis 2023. Ulitzkaja bekomme am 22. Juni, dem 125. Geburtstag Remarques, den mit 25.000 Euro dotierten Hauptpreis überreicht, wie die Stadt Osnabrück bekannt gab. Ihre Bücher sind wegen ihrer offenen Kritik am russischen Regime und dem Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar dieses Jahres in Russland verboten.

Maidukov werde den mit 5.000 Euro dotierten Sonderpreis zu einem späteren Zeitpunkt entgegennehmen. „Ich habe bisher genug russische Präsenz in meinem Leben, also würde ich nur an einem anderen Tag kommen“, schrieb er in einem Brief an die Stadt.

Kunst nicht zum Schweigen bringen

Die Jury bedauerte, dass die Auszeichnungen nicht gleichzeitig überreicht werden könnten. Die Vorsitzende, Universitätspräsidentin Susanne Menzel-Riedl, betonte: „Den diesjährigen Remarque-Friedenspreis möchten wir verstanden wissen als ein Zeichen der Hoffnung: Die Logik des Krieges soll nicht das letzte Wort haben.“ Das letzte Wort müsse die Sprache der Humanität haben, die auch Menschen verfeindeter Staaten verbinde. „Die Gewalt des Krieges darf die Sprache von Literatur und Kunst nicht zum Schweigen bringen.“

Ulitzkaja drücke ihre kritische Haltung gegenüber dem aktuellen russischen Regime in ihren Romanen und Erzählungen aus. Die studierte Biologin und Genetikerin, die in den 1980er-Jahren erste Werke veröffentlichte, bezeichnet den Krieg gegen die Ukraine als „Schande“ und als „Wahnsinn eines Mannes“. Bereits 2012 war die Autorin, die seit einem Jahr in Berlin lebt, an den Protesten gegen Präsident Putin beteiligt.

Zeichnungen aus dem Krieg

Maidukov arbeitet seit 2011 als Illustrator. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hält er in seinen Zeichnungen den Alltag in Kiew und anderen ukrainischen Städten fest. Sie werden in Zeitungen weltweit abgedruckt, unter anderem im Zeitmagazin, im New Yorker und im Guardian.

Die Stadt verleiht seit 1991 alle zwei Jahre den nach dem in Osnabrück geborenen Schriftsteller Erich Maria Remarque (1898-1970) benannten Preis. Er ist der Autor des weltberühmten Antikriegsromans „Im Westen nichts Neues“.