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Religionspädagoge: Kinder haben Recht auf Trauer

Sterben, Tod und Trauer: Es fällt vielen Menschen schwer, darüber zu sprechen, besonders mit Kindern. Diese haben aber ein Recht auf Trauer und sollten nicht ausgegrenzt werden.

Kinder werden nach einem Todesfall häufig ausgeschlossen, etwa von Beerdigungen oder Abschiedsritualen (Symbolbild)
Kinder werden nach einem Todesfall häufig ausgeschlossen, etwa von Beerdigungen oder Abschiedsritualen (Symbolbild)Imago / HalfPoint Images

Nach einem Todesfall in der Familie bleiben Kinder mit ihren Fragen oft allein, ist die Erfahrung des Religionspädagogen Frank Hartmann. Vielen Menschen falle es schwer, mit Kindern über Tod und Sterben zu sprechen. „Erwachsene wollen Kinder schützen, tun ihnen letztlich aber keinen Gefallen“, sagte Hartmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese hätten ein Recht auf Trauer und dürften nicht ausgegrenzt werden.

Kinder wollten auch auf heikle Fragen Antworten erhalten, erklärte der Autor des Sachbuchs „Wie tief ist ein Grab?“ (Herder Verlag, 2024), das er für Kinder im Grundschulalter geschrieben hat. Sie spürten genau, wenn Erwachsene auswichen und beschwichtigen, statt ihre Fragen ernstzunehmen. Das verhindere jedoch weder den Tod selbst noch den Schmerz darüber.

Kinder brauchen Raum für ihre Trauer und Abschiedserfahrungen

Häufig würden Kinder auch ganz praktisch ausgegrenzt, sagt der Experte aus dem sachsen-anhaltinischen Arendsee. So dürften manche nicht Abschied von einem geliebten Menschen nehmen. Eine Mitgestaltung der Trauerfeier und die Teilnahme an der Beerdigung werde Kindern oft verwehrt, auch wenn sie zu der verstorbenen Person eine Beziehung hatten.

Kinderbücher, die sich mit Sterben, Tod und Trauer beschäftigen
Kinderbücher, die sich mit Sterben, Tod und Trauer beschäftigenepd-bild/Uli Deck

Deshalb sollten Kinder selbst darüber entscheiden können, wie sie teilnehmen wollen. Sie sollten weder ausgeschlossen noch zu etwas gezwungen werden, erklärt Hartmann. Er hat zehn „Rechte für trauernde Kinder“ formuliert: „Niemand darf mich ausschließen“, heißt es etwa. „Ich habe das Recht auf alle meine Gefühle“, auf einen Abschied von dem Toten sowie Fragen zu stellen und ehrliche Antworten zu bekommen. Die Themen Sterben und Tod würden in der Gesellschaft noch immer tabuisiert. Grund dafür sei, dass sich viele Menschen nicht mit der eigenen Endlichkeit beschäftigen wollten.

Trauer und Kindheit: Die Bedeutung eines geschützten Abschieds

Kindheitserfahrungen rund um Tod und Abschiednehmen könnten Menschen aber selbst im Erwachsenenalter noch sehr belasten. Das erlebe er bei Seminaren, die er für Erzieherinnen und Erzieher anbiete. Dort spreche er meist lange mit den Teilnehmenden über ihre Kindheitserfahrungen, bevor er ihnen helfe, selbst zum Thema Sterben und Tod sprachfähig zu werden. „Erwachsene und Kinder brauchen einen gelebten Abschied, ehrliche Gespräche, tröstende Rituale und Antworten auf ihre Fragen“, ist Hartmann überzeugt.