Mit einem Gottesdienst hat die evangelische Kirchengemeinde im Münchner Olympiadorf an das Attentat bei den Olympischen Spielen vom 5. September 1972 erinnert. Lange Zeit sei das Attentat, bei dem palästinensische Terroristen elf israelische Sportler ermordet hatten, „eine Randnotiz der Erinnerungskultur“ gewesen, sagte Regionalbischof Thomas Prieto Peral am Sonntag laut Redemanuskript in seiner Predigt. Jahrzehntelang hätten die Familien der Opfer um Anerkennung, Entschädigung und Entschuldigung für das staatliche Versagen beim Schutz der Athleten kämpfen müssen. Erinnerung sei nicht selbstverständlich, so der Theologe: „Sie braucht Menschen, die immer wieder sagen: Vergesst die Opfer nicht. Nennt ihre Namen.“
Erinnerung verlange Aufmerksamkeit für die Schattenseiten der eigenen Geschichte auch nach 1945, „für den Antisemitismus, der in Deutschland nie verschwunden ist und heute sogar wieder wuchert wie ein Geschwür“, so Prieto Peral. Das Christsein entscheide sich auch daran, „wie wir mit Jüdinnen und Juden umgehen“. Das fordere „nicht bedingungslose Loyalität zur Politik in Israel“, aber entschiedenes Eintreten, „gegen den Hass, der Israel das Existenzrecht abspricht“.
Prieto Peral verwies auf das alttestamentliche Buch des Propheten Jesaja, der trotz gegenwärtiger Gewalt im damaligen Jerusalem die Vision einer friedlichen Zukunft ausmalt. Jesaja gebe der Hoffnung Raum, dass „selbst die, die irren, Verstand annehmen, selbst die, die verblendet sind, sich ändern“ könnten. Diese Hoffnung, „dass Hass nicht ewig bleibt und Gottes Gerechtigkeit stärker ist als der Hass“, verpflichte Christen dazu, „jüdisches Leben zu schützen und zu fördern und zugleich die Stimme zu erheben für die Not derer, die in Kriegen und unter Terror leiden“, betonte der Theologe.
Nach dem Gottesdienst zog die Gemeinde zum Tatort von 1972 in der Connollystraße. Dort hatten am 5. September 1972 Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“ während der Olympischen Spiele in München zwei israelische Sportler ermordet und neun weitere als Geiseln genommen. Damit wollten sie unter anderem die Freilassung von über 200 Palästinensern aus israelischen Gefängnissen erzwingen sowie die deutschen Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof freipressen. Die Befreiungsaktion am Flugplatz Fürstenfeldbruck scheiterte. Alle Geiseln sowie der bayerische Polizist Anton Fliegerbauer und fünf Terroristen kamen ums Leben. (2864/07.09.2025)